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Vorsteuerabzug einer Führungsholding und GmbH & Co. KG als potentielle Organgesellschaft

Eine Holding ist zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt, wenn es sich um eine sog. Führungsholding handelt. Zudem kann eine Personengesellschaft Organgesellschaft einer umsatzsteuerlichen Organschaft sein. Mit diesen Entscheidungen (Urteil vom 1. Juni 2016, Aktenzeichen XI-R-17/11) setzte der Bundesfinanzhof das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 16. Juli 2015 (Aktenzeichen C-108/14) auf nationaler Ebene um.

Vorgeschichte

Mit Beschluss vom 11. Dezember 2015 hatte der Bundesfinanzhof dem Gerichtshof der Europäischen Union die folgenden zentralen umsatzsteuerlichen Fragen zur Entscheidung vorgelegt:

  1. In welchem Umfang ist eine Holding zum Vorsteuerabzug berechtigt, wenn sie steuerpflichtige Dienstleistungen an alle ihre Tochtergesellschaften erbringt? 

  2. Kann eine Personengesellschaft Organgesellschaft sein?

Der Europäische Gerichtshof entschied im Urteil vom 16. Juli 2015 (C-108/104, C-109/14, Larentia + Minerva), dass einer solchen Holding der volle Vorsteuerabzug zusteht und bestätigte außerdem, dass eine Personengesellschaft Organgesellschaft sein kann.

Diesem Urteil folgte nun der Bundesfinanzhof (wie auch schon im Urteil vom 19. Januar 2016, Aktenzeichen XI R 38/12) und äußerte sich zu den oben genannten Fragen wie folgt:

Vorsteuerabzug bei Führungsholding

Eine Führungsholding ist grundsätzlich zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt. Dabei ist unter einer Führungsholding eine Holding zu verstehen, die an alle ihre Tochtergesellschaften Leistungen gegen Entgelt erbringt. Der Meinung der Finanzverwaltung, dass eine solche Holding auch einen nichtunternehmerischen Bereich (im Zusammenhang mit dem nicht steuerbaren Erwerb und Halten der Beteiligungen) habe, ist der Bundesfinanzhof nicht gefolgt. Ist eine Holding jedoch auch an Tochtergesellschaften beteiligt, hinsichtlich derer sie keine wirtschaftlichen Tätigkeiten ausübt, so ist der Vorsteuerabzug nur anteilig möglich. Zudem kann der Vorsteuerabzug zur Vermeidung von missbräuchlicher Praxis untersagt werden.

Personenhandelsgesellschaft als Organgesellschaft

Besteht eine Organschaft, sind die im Inland gelegenen Unternehmensteile aus umsatzsteuerlicher Sicht als ein Unternehmen zu behandeln. Nach Wortlaut des Umsatzsteuergesetzes kann nur eine juristische Person als Organgesellschaft in eine Organschaft eingegliedert sein. Der Begriff „juristische Person“ ist jedoch nach Auffassung des Bundesfinanzhofs richtlinienkonform (Richtlinie 77/388/EWG) dahingehend auszulegen, dass er auch eine GmbH & Co. KG umfasst.

 

Ausblick

Es bleibt abzuwarten, wie Gesetzgeber und Finanzverwaltung auf die ergangenen Urteile reagieren werden. Eine Änderung des Umsatzsteuergesetzes ist nicht nötig. Vermutlich wird ein BMF-Schreiben ergehen, welches die o. g. Grundsätze zum Gegenstand haben wird.

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