Gewerbliche Infektion durch Beteiligungseinkünfte

Die Einkünfte einer Personengesellschaft sind dann in vollem Umfang als gewerbliche Einkünfte einzustufen, wenn die Gesellschaft

  • gewerblich geprägt ist, d. h. allein die Komplementärgesellschaft zur Geschäftsführung befugt ist oder
  • auch einer originär gewerblichen Tätigkeit nachkommt oder
  • an einer anderen gewerblich tätigen oder geprägten Personengesellschaft beteiligt ist.

Rechtsfolge einer solchen gewerblichen Prägung oder Infektion einer Personengesellschaft ist, dass die Gesellschaft insgesamt ausschließlich gewerbliche Einkünfte erzielt und über steuerliches Betriebsvermögen verfügt. Dies betrifft in erster Linie durch die Personengesellschaft vermietete Immobilien, bei denen grundsätzlich Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und steuerliches Privatvermögen vorliegen. Durch die gewerbliche Prägung oder Infektion ergeben sich zwar keine nennenswerten Unterschiede bei der einkommensteuerlichen Behandlung der Einkünfte. Diese unterliegen dann aber in der Regel der Gewerbsteuer und zudem sind Veräußerungsgewinne auch nach Ablauf der im Privatvermögen geltenden 10-Jahresfrist voll steuerpflichtig. Damit besteht insbesondere bei Personengesellschaften, die ausschließlich Immobilien vermieten, zumeist die Bestrebung eine solche gewerbliche Prägung oder Infektion zu vermeiden.

Die gewerbliche Prägung einer Gesellschaft kann relativ einfach dadurch verhindert werden, dass neben der Komplementär-GmbH auch ein Kommanditist zur Geschäftsführung befugt wird. Im Rahmen der Infektion durch eine originär gewerbliche Tätigkeit ist eine Bagatellgrenze zu berücksichtigen, wonach die Infektion erst dann erfolgt, wenn die originär gewerblichen Einkünfte mehr als 3% der Nettoumsatzerlöse oder mehr als 24.500 EUR betragen. Dies schafft zumindest bei relativ geringfügigen originär gewerblichen Einkünften Entspannung.

Für die gewerbliche Infektion durch die Beteiligung an einer anderen gewerblichen Personengesellschaft hat der BFH mit Urteil vom 6. Juni 2019 (IV R 30/16) neue Leitlinien aufgestellt. Zum einen stellt er fest, dass – im Gegensatz zur Infektion durch eine originär gewerbliche Tätigkeit – insoweit keine Bagatellgrenze anzuwenden ist. Damit führt jedwede Beteiligung einer grundsätzlich rein vermögensverwaltenden Gesellschaft an einer gewerblichen Personengesellschaft unabhängig von der Höhe der dadurch erzielten (gewerblichen) Einkünfte zur Infektion. Die Einkünfte der Oberpersonengesellschaft sind damit vollumfänglich als gewerblich einzustufen und die Wirtschaftsgüter stellen steuerliches Betriebsvermögen dar.

Die zweite Feststellung des BFH in der genannten Entscheidung ist etwas überraschend. Zwar handelt es sich aufgrund der Infektion bei den Einkünften der Oberpersonengesellschaft um gewerbliche Einkünfte im einkommensteuerlichen Sinne. Dieser unterliegen aber nicht der Gewerbesteuer. Dies leitet der BFH aus einer verfassungskonformen Auslegung des § 2 Abs. 1 GewStG ab. Letztendlich kommt es insoweit zu einem Auseinanderfallen von Einkommen- und Gewerbesteuer.

Durch die Rechtsprechung besteht zumindest nicht mehr die Gefahr, dass die Einkünfte der Oberpersonengesellschaft mit Gewerbesteuer belastet werden. Nach wie vor droht aber bei der Beteiligung an einer Personengesellschaft die einkommensteuerliche Infektion und damit die Qualifizierung als steuerliches Betriebsvermögen.

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