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Keine Erbschaftsteuerbefreiung für ein tatsächlich nicht für eigene Wohnzwecke genutztes Einfamilienhaus

Der Erwerb von Todes wegen durch die Kinder ist erbschaftsteuerrechtlich in vieler Hinsicht begünstigt. Neben dem Freibetrag von EUR 400.000 spielt vor allem die Steuerbefreiung des sogenannten Familienheims eine zentrale Bedeutung bzw. hat eine große praktische Relevanz.

Die Befreiungsvorschrift ist jedoch an mehrere, eng auszulegende Voraussetzungen sowohl auf der Seite des Erblassers als auch des Erben gekoppelt. Eines der entscheidenden Kriterien bildet das Erfordernis der Selbstnutzung des Familienheims, zum einen durch den Erblasser bis zu dem Erbfall und zum anderen durch den Erwerber nach dem Eintritt des Erbfalls.

Der Erblasser muss danach die Wohnung zu eigenen Wohnzwecken bis zum Erbfall genutzt haben oder aus zwingenden Gründen an einer Selbstnutzung gehindert gewesen sein. Der Erwerber muss seinerseits die Absicht haben das Familienheim unverzüglich nach dem Erbfall zu eigenen Zwecken zu benutzen und diese auch zeitnah umsetzen, falls er keine zwingenden Gründe vorbringen kann, welche ihn an der Selbstnutzung hindern. Die Steuerbefreiung fällt mit Wirkung für die Vergangenheit weg, wenn der Erwerber das Familienheim innerhalb von zehn Jahren nach dem Erwerb nicht mehr zu Wohnzwecken selbst nutzt, es sei denn, er ist aus zwingenden Gründen an einer Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken gehindert.

Zu den bereits durch die Finanzverwaltung benannten bzw. höchstrichterlich entschiedenen Fällen hinsichtlich der zwingenden Gründen, zählen beispielsweise Pflegebedürftigkeit, Tod, neu aufgetretenen Behinderung oder auch ggfs. größere Schäden an Immobilie. Die berufliche Gründe, wie beispielsweise eine berufliche Versetzung des Erwerbers und der damit verbundene Wohnsitzwechsel, waren jedoch bereits nach der geltenden Rechtsprechung nicht als zwingender Grund anzusehen und führten zur Versagung der Steuerbefreiung.

In seinem Urteil vom 23. Juni 2015 (Aktenzeichen II R 13/13) hat der Bundesfinanzhof klargestellt, dass berufliche Gründe, im vorgenannten Fall explizit eine zwischen dem Erben und seinem Arbeitgeber getroffene Berufsvereinbarung, in welcher sich der Arbeitnehmer verpflichtet hat einen Wohnsitz am künftigen Arbeitsort oder in dessen näheren Umgebung zu verlegen, keinen zwingenden Grund im Sinne der Befreiungsvorschrift darstellt. Wird das Familienheim daher nicht unverzüglich von dem Erben zu seinen eigenen Wohnzwecken genutzt oder wird die Selbstnutzung innerhalb des 10-Jahreszeitraums nach Eintritt des Erbfalls aufgegeben, führt dies zur (nachträglichen) Versagung der Steuerbefreiung.

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