Aktuelles zu Erbschaft- und Schenkungsteuer

 

1. Keine Nachversteuerung bei Insolvenzeröffnung

Um die erbschaftsteuerlichen Verschonungsregelung für Betriebsvermögen in den §§ 13a, 13b ErbStG nutzen zu können, sind verschiedene Voraussetzungen zu erfüllen. Eine dieser Voraussetzung ist die sog. Behaltensfrist, die je nach Höhe des Verschonungsabschlags fünf oder sieben Jahre ab der unentgeltlichen Übertragung beträgt. Bei Verletzung dieser Behaltensfristen fällt der Verschonungsabschlag z.B. für die Übertragung eines Anteils an einer KG nachträglich (anteilig) weg, d.h. es kommt zu einer nachträglichen Erhebung von Erbschafts- bzw. Schenkungsteuer. Schädliche Ereignisse, die zu einem Wegfall der Verschonung und damit zu einer Nachversteuerung führen können, sind gem. § 13a Abs. 6 ErbStG insbesondere die Veräußerung des Anteils, die Betriebsaufgabe oder die Veräußerung oder Entnahme wesentlicher Betriebsgrundlagen.

Die Finanzverwaltung vertrat bislang die Ansicht, dass es bereits bei der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Personengesellschaft zu einer Verletzung der Behaltefrist kommt (gem. R E 13a.13 Behaltensregelungen für Betriebsvermögen). Auch die Vorinstanz, das FG Nürnberg (vgl. Urt. v. 26.4.2018 – 4 K 571/16), war der Auffassung, dass bereits der Beschluss über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Personengesellschaft eine schädliche Verfügung iSd § 13a Abs. 5 S. 1 Nr. 1 ErbStG darstellt.

Dem ist der BFH nun in seinem Urteil vom 1. Juli 2020 (II R 19/18) entgegengetreten und hat festgestellt, dass die bloße Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer KG noch nicht zu einem anteiligen Wegfall des Verschonungsabschlags führt und damit keine Nachversteuerung mit Erbschaftsteuer auslöst.

Der BFH hat sich damit der ertragsteuerlichen Rechtsprechung angeschlossen, wonach mit der Insolvenzeröffnung über das Vermögen einer KG noch keine Betriebsaufgabe vorliegt, mithin eine Veräußerungsgewinnbesteuerung (§ 16 EStG) unterbleibt. Der Nachversteuerungstatbestand tritt im Falle einer Personengesellschaft erst mit endgültiger Aufgabe des Betriebs oder Veräußerung wesentlicher Betriebsgrundlagen durch den Insolvenzverwalter ein.

2. Steuerbegünstigung bei Übertragung von Sonderbetriebsvermögen nur bei zeitgleicher Übertragung des KG-Anteils

Bei der unentgeltlichen Zuwendung eines Kommanditanteils kann vielfach gem. §§ 13a, 13b ErbStG eine Steuerbefreiung in Höhe von 85%, ggf. sogar in Höhe von 100% gewährt werden. Fraglich in diesen Fällen ist oftmals die Behandlung des Sonderbetriebsvermögens, falls dieses zurückbehalten werden sollte oder auch, falls nur dieses übertragen werden soll.

Hinweis: Als Sonderbetriebsvermögen sind Wirtschaftsgüter zu verstehen, die ein Gesellschafter der Personengesellschaft zur Nutzung überlässt, z.B. ein Grundstück, das an die Personengesellschaft vermietet wird.

BFH-Urteil vom 17. Juni 2020 (Az.: II R 38/17)
Der BFH hat nun in diesem Zusammenhang entschieden, dass im Falle der Schenkung von Sonderbetriebsvermögen nur dann die Steuerbefreiung für Betriebsvermögen in Anspruch genommen werden kann, wenn gleichzeitig auch der entsprechende Anteil an der Personengesellschaft übertragen wird. Dabei ist zu beachten, dass die Steuerbefreiung demnach sogar schon dann zu versagen sein soll, wenn zwischen den Übertragungen nur ein kurzer Zeitraum – sogar nur ein Tag – liegt. Dies ist vor allem bei Übertragungen von Grundstücken im Sonderbetriebsvermögen zu beachten, da diese bereits mit der Auflassung und Eintragungsbewilligung erfolgt.

BFH-Urteil vom 17. Juni 2020 (Az.: II R 33/17)
Am gleichen Tag hatte der BFH zudem darüber zu entscheiden, ob eine Schenkung begünstigungsfähig ist, wenn das Sonderbetriebsvermögen nicht mit übertragen, sondern vor der Schenkung in ein anderes Betriebsvermögen des Schenkers überführt wird.

Nach Ansicht der Finanzverwaltung war die Übertragung einer Beteiligung ohne Sonderbetriebsvermögen bisher nur dann begünstigungsfähig, wenn dieses insgesamt zurückbehalten wird und weiterhin zum Betriebsvermögen derselben Personengesellschaft gehört. Demnach wurde eine Schenkung, bei der das Sonderbetriebsvermögen nicht mit übertragen, sondern zuvor in ein anderes Betriebsvermögen des Schenkers überführt wurde, bisher als nicht begünstigungsfähig eingestuft.

Der BFH hat dieser Ansicht nun mit seinem Urteil vom 17. Juni 2020 widersprochen. Mit Verweis auf die ertragsteuerliche Rechtsprechung führte er aus, dass „es allein maßgeblich ist, ob es sich zum Zeitpunkt des Erwerbs um einen Mitunternehmeranteil im ertragsteuerrechtlichen Sinn handelt. Ist dies zu bejahen, ist eine funktionierende Wirtschaftseinheit vom Schenker auf den Bedachten übergegangen. Ob zuvor Sonderbetriebsvermögen dem Betrieb entnommen oder in ein anderes Betriebsvermögen überführt wurde, ist für die Gewährung der Steuerbegünstigung unbeachtlich, solange es sich beim übertragenen Anteil um einen Mitunternehmeranteil handelt.“

Die Reaktion der Finanzverwaltung auf dieses Urteil bleibt abzuwarten.

 



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