Bilanzierung von Software beim Anwender

Software ist die Grundlage für funktionierende Kernprozesse im Unternehmen, die Einhaltung der Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung, ein effektives Controlling und damit mittlerweile unverzichtbar für jedes Unternehmen. Die Wahl der richtigen Software, der Grad der Individualisierung und die entsprechende Kosten-Nutzen-Abwägung beschäftigt täglich viele Unternehmen.

Ist diese Entscheidung getroffen, stehen die Unternehmen vor der Herausforderung, die Kosten des Erwerbs oder der Herstellung der Software im Jahresabschluss richtig abzubilden.

Grundlagen zur Aktivierung von Software

Gemäß § 246 Abs. 1 S. 1 HGB besteht für Vermögensgegenstände grundsätzlich ein Ansatzgebot. Für selbsterstellte immaterielle Vermögensgegenstände besteht dagegen ein Ansatzwahlrecht gemäß § 248 Abs. 2 S. 1 HGB.

Bei der Frage, ob ein Aktivierungsgebot oder -wahlrecht für die Software besteht, sind im Wesentlichen die folgenden Punkte zu beleuchten:

  1. Um welche Art von Software handelt es sich?
  2. Handelt es sich um einen materiellen oder immateriellen Vermögensgegenstand?
  3. Wann stellt die Software einen aktivierungsfähigen Vermögensgegenstand dar?

Klassifizierung

Der erste Schritt besteht darin, eine Klassifizierung der Software vorzunehmen, d.h. die eigene Software zu einer der folgenden Kategorien zuzuordnen:


Abbildung 1: Klassifizierung von Software (IDW RS HFA 11 n.F.)

Firmware umfasst fest mit dem Computer verbundene Programmbausteine, die die Hardware mit der Software verbinden und somit für die Steuerung der Elementarfunktionen des Computers verantwortlich sind.

Systemsoftware beschreibt alle Programme im Betriebssystem, welche für die Steuerung der Programmabläufe, die Ausführung der Befehle der Nutzer sowie die Ressourcenverwaltung des Computers zuständig sind.

Anwendungssoftware wird unterteilt in Standard- (Einsatz bei Vielzahl von Anwendern) und Individualsoftware (abgestimmt auf Bedürfnisse eines einzigen Anwenders) und beinhaltet alle Programmanwendungen, welche sich mit der Verarbeitung von Daten beschäftigen.

Einordnung als materieller oder immaterieller Vermögensgegenstand im Anlagevermögen

Die vorgenommene Klassifizierung der Software hat im nächsten Schritt Einfluss auf die Einordnung innerhalb des Anlagevermögens:

Firmware stellt einen unselbstständigen Teil der Hardware dar und wird somit gemeinsam mit der Hardware im Sachanlagevermögen aktiviert.

Anwendungs- und Systemsoftware stellen hingegen grundsätzlich selbstständig veräußerbare Vermögensgegenstände dar und sind somit als immaterielle Vermögensgegenstände unabhängig von der Hardware zu aktivieren. Dies ist sogar dann der Fall, wenn die Software für eine bestimmte Datenverarbeitungsanlage angeschafft und ohne diese nicht nutzbar wäre. Die Integration der Software in den Computer führt nicht zum Verlust ihrer selbstständigen Veräußerbarkeit, da die Software jederzeit modifiziert oder ausgetauscht werden kann.

Eine Ausnahme für Systemsoftware bildet dagegen das sogenannte „Bundling“, d.h. die Hardware wird gemeinsam mit der Systemsoftware ohne separate Berechnung erworben. Sollte es in diesem Fall nicht möglich sein, die Entgelte auf die einzelnen Komponenten aufzuteilen, ist die Software gemeinsam mit der Hardware als ein einheitlicher Vermögensgegenstand des Sachanlagevermögens zu behandeln.

Differenzierung von Herstellungs- und Anschaffungsvorgängen

1. Individualsoftware

Grundsätzlich wird bei der Individualsoftware zwischen Eigenherstellung und dem Einbezug von Dritten (Softwareanbieter) differenziert: Bei Eigenherstellung einer Individualsoftware besteht ein Wahlrecht zur Aktivierung gemäß § 248 Abs. 2 HGB. Eigenherstellung wird durch den Einsatz eigener personeller und materieller Ressourcen definiert. Eigenherstellung liegt allerdings ebenfalls vor, wenn der Bezug der Software von einem Dritten (Softwarehaus) im Rahmen eines Dienstvertrages erfolgt, da das Herstellungsrisiko hier beim Softwareanwender verbleibt.

Wird dagegen ein Werksvertrag mit dem Softwareanbieter geschlossen und bleibt auch das Herstellungsrisiko beim Dritten, handelt sich um einem Anschaffungsvorgang mit Aktivierungsgebot. Eingesetzte personelle Ressourcen des Anwenders bei der Programmierung sind in diesem Zusammenhang als Teil der Anschaffungskosten zu betrachten.

2. Standardsoftware
Beim Bezug von Standardsoftware handelt es sich in der Regel um einen entgeltlichen Erwerb, der zu einer Pflicht der Aktivierung der Software führt. Dies gilt auch dann, wenn Anpassungen auf die individuellen Bedürfnisse des anwendenden Unternehmens notwendig sind.
Sollte die Standardsoftware durch die Anpassungen an die betrieblichen Bedürfnisse jedoch sehr umfangreich modifiziert werden, kann es zu einer sogenannten „Wesensänderung“ der Software kommen – es entsteht insgesamt ein neuer Vermögensgegenstand (Individualsoftware).

3. Modifikation von Software
Von einer Wesensänderung ist die Modifikation, d.h. eine über den ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung von Software zu unterscheiden. Hier gilt unabhängig von der Zuordnung des Herstellungsrisikos zum Anwender oder Anbieter, der Grundsatz der Ansatzstetigkeit (§ 246 Abs. 3 S. 1 HGB) – die Aufwendungen folgen damit der Bilanzierung der zugrundeliegenden Software:

  • Eigenherstellung mit Aktivierung: Nachträgliche Aufwendungen durch Modifikationen müssen aktiviert werden
  • Eigenherstellung ohne Aktivierung: Nachträgliche Aufwendungen für die Modifikation sind vollständig erfolgswirksam zu erfassen
  • Entgeltlicher Erwerb: Aufwendungen für die Modifikation erhöhen nachträglich den Restbuchwert der Software

Abgrenzung zu “Software as a Service"

Eine Alternative zur Herstellung oder Anschaffung einer Software oder eines Nutzungsrechts besteht in der Nutzung von Software als Dienstleistung (“Software as a Service”). Hierbei handelt es sich in der Regel um Vereinbarungen über die entgeltliche Nutzungsüberlassung einer Software. Die Übertragung von rechtlichem oder wirtschaftlichem Eigentum an der Software erfolgt nicht, es wird lediglich ein zeitlich begrenztes Nutzungsrecht an der jeweiligen Softwaredienstleistung eingeräumt. Werden für die Nutzungsüberlassung Zahlungen für diesen Nutzungszeitraum im Voraus geleistet, so sind diese Zahlungen gem. § 250 Abs. 1 Satz 1 HGB aktiv über die Vertragslaufzeit abzugrenzen.

Unterschiedliche Bilanzierung von Software nach Handels- und Steuerrecht

Selbsterstellte immaterielle Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens sind gem. §5 Abs. 2 EstG steuerrechtlich nicht aktivierungsfähig; die Ausübung des handelsrechtlichen Aktivierungswahlrechts führt zu Differenzen zwischen der Handels- und Steuerbilanz, die handelsrechtlich die Berechnung passiver latenter Steuern bei mittelgroßen und großen Kapitalgesellschaften erforderlich machen. Auch kleine Kapitalgesellschaften, die unter die Befreiung des §274a Nr.4 HGB fallen, müssen die passiven latenten Steuern im Rahmen der Rückstellungsbildung gem. § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB berücksichtigen.

Aufgrund des BMF-Schreibens vom 26. Februar 2021 und des diesbezüglichen Newsletters vom 22. Februar 2022 zur kürzeren Nutzungsdauer von Computerhardware und im BMF-Schreiben näher bezeichneten immateriellen Wirtschaftsgütern („Betriebs- und Anwendersoftware“), werden sich die handels- und steuerrechtlichen Nutzungsdauern künftig voraussichtlich zunehmend unterscheiden und damit zu weiteren Steuerlatenzen führen.

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