Erbschaftsteuerlich schädliches Verwaltungsvermögen beim Aktivtausch

Hintergrund
Für die Übertragung von unternehmerischen Vermögen im Erbfall oder bei Schenkungen können weitgehende Verschonungsregelungen in Anspruch genommen werden. Mit diesen Regelungen soll sichergestellt werden, dass auch nach Übertragung des Unternehmens dessen Weiterführung durch den Nachfolger möglich ist und insbesondere Arbeitsplätze gesichert werden.

Begünstigungsfähiges Vermögen kann entweder zu 85 % (Regelverschonung) oder sogar zu 100 % (Optionsverschonung) verschont werden. Sogenannte Verwaltungsvermögen (z.B. vermietete Immobilien, Wertpapiere, Kunstgegenstände) sind nur im Rahmen bestimmter Höchstgrenzen erbschaftsteuerlich begünstigt. Dagegen sind sog. junge Verwaltungsvermögen, d.h. Vermögensgegenstände des Verwaltungsvermögens, die dem Betrieb im Zeitpunkt der Steuerentstehung weniger als zwei Jahre zuzurechnen sind, immer in voller Höhe steuerpflichtig und nicht begünstigt.

In gleich mehreren Urteilen vom 22. Januar 2020 hat der BFH (u.a. II R 41/18 und II R 18/18) Stellung zu der Frage genommen, wann junges Verwaltungsvermögen entstehen kann. Bisher war umstritten, durch welche Vorgänge junges Verwaltungsvermögen entsteht. Während die herrschende Literaturmeinung bisher angenommen hatte, dass junges Verwaltungsvermögen lediglich durch Einlagen in das Unternehmensvermögen (mit möglicher Missbrauchsabsicht) entstehen kann, vertrat die Finanzverwaltung die Auffassung, dass dies auch durch einen reinen Aktivtausch, d.h. tatsächliche Vermögensmehrung - z.B. bei Anschaffungen aus betrieblichen Mitteln - möglich ist.

BFH-Urteile vom 22. Januar 2020

Der BFH hat sich nun in allen entschiedenen Fällen der Auffassung der Finanzgerichte angeschlossen, dass junges Verwaltungsvermögen auch bei einem bloßen Aktivtausch entsteht. Der BFH führt in seinen Urteilen aus, dass es weder entscheidend ist, wie die Zuführung zum Betriebsvermögen erfolgt (Einlage- oder Anschaffungsvorgang) noch, wie die Anschaffung finanziert wurde. Daher zählen auch Wirtschaftsgüter, die im Rahmen eines Aktivtauschs angeschafft werden, zum jungen Verwaltungsvermögen, wenn der Erwerb innerhalb von zwei Jahren vor dem Erbfall bzw. der Schenkung stattfand. Ein Aktivtausch und somit begünstigungsschädliches junges Verwaltungsvermögen liegt also demnach bereits dann vor, wenn das Wirtschaftsgut des Verwaltungsvermögens mit betrieblichen (Bar-)Mitteln angeschafft wurde oder sogar auch bei einer reinen Umschichtung eines Wertpapierdepots.

Angeschafftes Betriebsvermögen kann somit auch ohne Missbrauchsabsicht begünstigungsschädliches junges Verwaltungsvermögen darstellen und unterliegt als solches ohne steuerliche Verschonung voll der Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer.

Folgen für die Praxis
Aufgrund der Komplexität der erbschaftsteuerlichen Verschonungsregelungen ist eine genaue Vorhersage der erbschaftsteuerlichen Folgen eines potentiellen Erbfalls vielfach nicht möglich. Dies machen die BFH-Entscheidungen einmal mehr deutlich, da Vermögensumschichtungen, die ggf. zu nicht begünstigtem jungem Verwaltungsvermögen führen, z.B. im Rahmen eines betrieblichen Aktiendepots, nicht vermieden werden können. Dies macht es umso mehr erforderlich den Übergang betrieblicher Einheiten auf die nächste Generation im Rahmen einer vorweggenommenen Erbfolge genauestens zu planen, um nicht durch einen (ungeplanten) Erbfall von den erbschaftsteuerlichen Folgen überrascht zu werden. Sprechen Sie uns hierzu gerne an. Wir unterstützen Sie gerne bei Ihrer Nachfolgeplanung!

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