Hinzurechnung von Mieten und Pachten in der Gewerbesteuer

§ 8 GewStG normiert die Beträge, die dem Gewinn aus Gewerbebetrieb wieder hinzuzurechnen sind. Grund hierfür ist der Objektsteuercharakter der Gewerbesteuer. Besteuert werden soll – im konkreten Fall der Hinzurechnung von Mieten und Pachten – die Ertragskraft des Betriebes unabhängig davon, wie das Unternehmen sein Betriebsvermögen finanziert, also ob es mit eigenen oder fremden Wirtschaftsgütern arbeitet.

Welche Miet- und Pachtaufwendungen unter die Hinzurechnungsvorschrift fallen, war in den vergangenen Jahren regelmäßig Diskussion in Betriebsprüfungen und Gegenstand der Rechtsprechung.

Als Reaktion auf ergangene BFH-Entscheidungen haben die obersten Finanzbehörden der Länder mit Erlass vom 6. April 2022 ihre Hinweise zur gewerbesteuerlichen Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen überarbeitet und diese Rechtsprechung umgesetzt.

Wesentliche Änderungen aus dem Ländererlass vom 6. April 2022

Unterjährig aus dem Betriebsvermögen ausgeschiedene Wirtschaftsgüter

Aufwendungen, die am Bilanzstichtag als Anschaffungs- oder Herstellungskosten im Anlage- oder Umlaufvermögen aktiviert wurden, fallen mangels Gewinnminderung nicht unter die Hinzurechnungsvorschrift. Das gilt auch für zu Herstellungskosten führenden Aufwendungen, wenn die Wirtschaftsgüter bereits unterjährig ausgeschieden sind (BFH-Urteil vom 30. Juli 2020 III R 24/18, BFH-Urteil vom 12. November 2020 III R 38/17).

Dagegen sind Aufwendungen in Zusammenhang mit der Herstellung eines selbst geschaffenen immateriellen Wirtschaftsguts des Anlagevermögens wegen des steuerlichen Aktivierungsverbots immer hinzuzurechnen (BFH-Urteil vom 12. November 2020 III R 38/17).

Wirtschaftsgüter des fiktiven Anlagevermögens

Miet- und Pachtzinsen sind hinzuzurechnen, wenn die gemieteten Wirtschaftsgüter – gesetzt dem Fall der Mieter bzw. Pächter wäre Eigentümer – dem Anlagevermögen zuzuordnen wären. Diese Fiktion richtet sich nach den betrieblichen Verhältnissen des Steuerpflichtigen und dem konkreten Geschäftsgegenstand im Einzelfall.

Beispiel: Die Aufwendungen eines Bauunternehmers für die einmalige Anmietung von Baumaschinen unterliegen der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung (unabhängig von der Dauer). Gleiches würde für die in Zusammenhang mit der Baumontage geleisteten Aufwendungen für Unterkünfte oder PKW-Mietverträge gelten, wenn diese nicht nur kurzfristig sind (mehr als vier Wochen).

Einzelfälle

Weiterhin wurden Entscheidungen des BFH zu speziellen branchenspezifischen Einzelfällen übernommen. Dazu gehören Filmhersteller (BFH-Urteil vom 12. November 2020, III R 38/17), Konzertveranstalter (BFH-Urteil vom 8. Dezember 2016 IV R24/11), Messedurchführungsgesellschaften (BFH-Urteil vom 25. Oktober 2016, I R 57/15) und Pauschalreiseveranstalter (BFH-Urteil vom 25. Juli 2019, III R 22/145).

In einer weiteren aktuellen Entscheidung hat das FG Münster mit Urteil vom 3. November 2021 entschieden, dass die Aufwendungen für Messestände eines Unternehmens im produzierenden Gewerbe nicht der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung unterliegen, wenn das Unternehmen besagte Messestände nicht ständig für den Gebrauch im Betrieb vorhalten muss und lediglich dreimal im Jahr benötigt. Gegen die Entscheidung des FG Münsters ist aktuell noch ein Verfahren beim BFH anhängig (III 35/21), sodass abzuwarten bleibt, ob der BFH hier der Linie des FG folgt.

Der Umfang der Hinzurechnungsvorschrift macht auch noch einmal das BFH-Urteil vom 2. Februar 2022 III R65/19 deutlich. Hier hat der BFH entschieden, dass Grundsteuer, die vertraglich auf den Mieter oder Pächter eines Gewerbegrundstücks umgelegt wird, der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 e) GewStG unterliegt. Die Entscheidung begründet der BFH damit, dass zu den Miet- und Pachtaufwendungen auch Aufwendungen gehören, die nach dem Zivilrecht eigentlich vom Vermieter/Verpächter zu tragen wären, wirtschaftlich aber vom Mieter übernommen werden.

Fazit

Der Erlass vom 6. April 2022 zur gewerbesteuerlichen Hinzurechnung ersetzt den Erlass vom 2. Juli 2012 bzw. 14. August 2007 und ist in allen offenen Fällen anzuwenden. Die zwischenzeitliche Rechtsprechung wurde darin vollständig umgesetzt, sodass insoweit nunmehr Rechtssicherheit besteht. Allerdings bleibt die Frage des sog. „fiktiven“ Anlagevermögens weiterhin eine Einzelfallentscheidung und allgemein anwendbare Leitlinien und Abgrenzungsmerkmale enthält auch der aktualisierte Ländererlass nicht.

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