Inflationsjahr 2022 – Auswirkungen auf Pensionsrückstellungen

Die Zeiten von niedrigen Inflationsraten und Zinsen scheinen vorbei zu sein; das Jahr 2022 wird voraussichtlich mit einer rekordverdächtigen Inflationsrate in Höhe von ca. 10% abschließen.

Die gegenwärtig signifikant steigende Inflationsrate führt zu einer erhöhten Preis- oder Kostenschätzung bei der Bestimmung des Erfüllungsbetrages, mit dem Rückstellungen nach § 253 Abs. 1 Satz 2 HGB zu bewerten sind. Die daraus vielfach resultierende steigende Bewertung von Pensionsrückstellungen führt zu einer Ergebnis- und Eigenkapitalbelastung in den betroffenen Unternehmensabschlüssen. Sofern der Pensionsplan nämlich Pensionserhöhungen vorsieht, die sich an der Inflationsrate oder an der allgemeinen Lohnentwicklung orientiert, ist für die Jahresabschlüsse ab dem Jahr 2022 zu prüfen, ob die Renten- und Gehaltstrends als Bewertungsparameter für die Pensionsrückstellung ggf. nach oben angepasst werden müssen.

Verstärkt wird diese Belastung durch die in § 253 Abs. 2 Satz 1 HGB vorgeschriebene Bewertung der zukünftigen Verpflichtung mit dem Barwert, der unter Annahme eines Zinssatzes zu berechnen ist, der sich aus dem Durchschnitt der vergangenen zehn Geschäftsjahre errechnet. Die gestiegene Inflation führt aufgrund der eingeleiteten Zinswende der Europäischen Zentralbank zu einer Erhöhung des allgemeinen Zinsniveaus. Allerdings ist dessen Auswirkung auf den Diskontierungssatz aufgrund der handelsrechtlich gebotenen Durchschnittsberechnung über zehn Jahre zeitlich stark verzögert. Der Rechnungszins zum 31. Dezember 2022 beträgt für eine angenommene Restlaufzeit von 15 Jahren nach der Schätzung der Experten von Heubeck voraussichtlich 1,79% (nach 1,87% im Vorjahr). Hierdurch steigt der Bilanzwert von Pensionsrückstellungen in der HGB-Bilanz weiter leicht an, obwohl das Zinsniveau 2022 deutlich anstieg.

Nach der Heubeck-Schätzung wird der nach § 253 Abs. 2 Satz 1 HGB anzuwendende Zinssatz voraussichtlich noch bis zum Abschlussstichtag zum 31. Dezember 2024 weiter sinken. Nach internationalen Rechnungslegungsgrundsätzen (IFRS/US-GAAP) lag der Zins für Mischbestände zum 30. September 2022 bei 3,85% und damit ca. 2,55 Prozentpunkte über dem Niveau zum 31. Dezember 2021, was den Verpflichtungsumfang deutlich verringert.

Das IDW hat in einem Schreiben an das Bundesministerium der Justiz (BMJ) eine Rückänderung § 253 Abs. 2 Satz 1 HGB auf die Fassung des BilMoG, d.h. eine einheitliche Verwendung eines 7-Jahres-Durchschnittszinssatzes für alle Rückstellungen und die Aufhebung des § 253 Abs. 6 HGB angeregt.

Dennoch läge der Diskontierungszinssatz bei einer siebenjährigen Durchschnittsbetrachtung für Abschlussstichtage zum 31. Dezember 2022 und zum 31. Dezember 2023 voraussichtlich noch unterhalb des Zinssatzes bei zehnjähriger Betrachtung. Ein Wechsel von einer zehn- auf eine siebenjährige Durchschnittsbetrachtung sollte nach dem Vorschlag des IDW daher erst zu einem Zeitpunkt erfolgen, zu dem der 7-Jahres-Durchschnittszinssatz oberhalb des Zinssatzes liegt, der sich bei zehnjähriger Betrachtung ergibt, was – nach den Berechnungen der Versicherungsmathematiker von Heubeck zum 31. August 2022 – unter der Annahme eines unveränderten Marktzinsniveaus erst zum Abschlussstichtag 31. Dezember 2024 der Fall sein wird. Der genaue Zeitpunkt hängt davon ab, wie sich das Zinsniveau künftig weiterentwickelt.

Ob das BMJ den IDW-Vorschlag aufgreifen wird, bleibt abzuwarten. Mit einer kurzfristigen Entlastung der Unternehmensbilanzen mit Pensionsverpflichtungen kann zunächst nicht gerechnet werden.

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