Neues zu privaten Veräußerungsgeschäften nach § 23 EStG

Nach § 23 EStG unterliegt die Veräußerung von Grundstücken der Besteuerung, wenn der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zehn Jahre beträgt. Aktuell sind zu dieser Vorschrift einige interessante BFH- bzw. FG-Urteile ergangen:

  • Bislang war umstritten, ob auch die zwangsweise Enteignung unter dem Begriff des „Veräußerungsgeschäfts“ i.S.d. § 23 EStG zu verstehen ist. Mit Urteil v. 23. Juli 2019 - IX R 28/18 stellte der BFH nunmehr endlich klar, dass eine Grundstücksenteignung (d.h. die Entziehung des Grundstückseigentums durch staatlichen Hoheitsakt) gegen Entschädigung nicht zu einem privaten Veräußerungsgeschäft führt. Nach Ansicht des Gerichts setzt ein Veräußerungsgeschäft i.S.d. § 23 EStG den Willen des Steuerpflichtigen zur Übertragung des Eigentums voraus. Ein Übertragungswille liegt jedoch im Fall einer Enteignung nicht vor, da die Eigentumsübertragung gegen oder zumindest ohne den Willen des Eigentümers erfolgt. In seiner Urteilsbegründung weist der BFH allerdings darauf hin, dass die Enteignung betrieblicher Grundstücke – im Gegensatz zum Privatvermögen – sehr wohl zu einer Gewinnrealisierung führt.

  • § 23 Abs. 1 S. 3 EStG sieht vor, dass im Fall eines unentgeltlichen Erwerbs dem Einzelrechtsnachfolger die Vorbesitzzeiten des Rechtsvorgängers zuzurechnen sind. Der BFH entschied mit Urteil vom 3. September 2019 – IX R 8/18, dass ein unentgeltlicher Erwerb auch vorliegt, wenn im Rahmen der Übertragung eines Grundstücks im Wege der vorweggenommenen Erbfolge dem Übergeber ein dingliches Wohnrecht eingeräumt wird und die durch Grundschulden auf dem Grundstück abgesicherten Darlehen des Rechtsvorgängers nicht übernommen werden. Denn in diesem Fall erbringt der Erwerber keine Gegenleistung, sondern erhält nur das um den Wert der Grundschulden geminderte Grundstück. Veräußert der Erwerber jedoch das Grundstück innerhalb von zehn Jahren nach Erwerb des Grundstücks durch den Rechtsvorgänger und tilgt aus dem Kaufpreis die (zuvor nicht übernommenen) Darlehensverbindlichkeiten des Rechtsvorgängers, stellt dies nur eine Verwendung des Veräußerungserlöses dar und führt nicht zu nachträglichen Anschaffungskosten der Immobilie oder zu Veräußerungskosten i.S.d. § 23 EStG.

  • Die Ausnahmevorschrift des § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 3 2. Alt. EStG sieht vor, dass die Veräußerung von Immobilien, „die (…) im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurden“, nicht nach § 23 EStG steuerbar ist. Hierzu entschied der BFH mit Urteil vom 3. September 2019 – IX R 10/19, dass die kurzfristige „Zwischenvermietung“ der Immobilien im Jahr der Veräußerung unschädlich ist, wenn der Steuerpflichtige die Immobilie zusammenhängend im Veräußerungsjahr zumindest an einem Tag, im Vorjahr durchgehend sowie im zweiten Jahr vor der Veräußerung zumindest einen Tag lang zu eigenen Wohnzwecken genutzt hat. Interessant an dem Urteil ist, dass der BFH eine zusammenhängenden Vermietungszeitraum fordert, denn vom reinen Wortlaut des Gesetzes her wäre es grundsätzlich auch ausreichend, dass auch im Jahr vor der Veräußerung die Eigennutzung an nur einem Tag ausreichend ist. Endet die Vermietung und beginnt die Eigennutzung durch Einzug in die Wohnung bspw. im Dezember 2018, kann die Immobilie damit frühestens im Januar 2020 steuerfrei veräußert werden, auch wenn die 10-Jahresfrist dann noch nicht abgelaufen sein sollte. Hinweis: In der Praxis ist bei einer geplanten Veräußerung einer kurzfristig zwischenvermieteten Immobilie innerhalb der Zehnjahresfrist darauf zu achten, dass die Veräußerung auch tatsächlich vor dem Jahreswechsel erfolgt. Andernfalls wird ein privates Veräußerungsgeschäft realisiert.

  • Zudem hat das Finanzgericht München mit Beschluss vom 14. Januar 2019 – 15 V 2627/18 bezweifelt, dass für den Fall, dass eine im Privatvermögen befindliche Wohnung veräußert wird, deren Anschaffung schon länger als zehn Jahre zurückliegt, in der aber ein früher betrieblich genutztes, zum Betriebsvermögen gehörendes häusliches Arbeitszimmer erst vor weniger als 10 Jahren aus dem Betriebsvermögen ins Privatvermögen entnommen wurde, hinsichtlich des Arbeitszimmers (also anteilig) ein privates Veräußerungsgeschäft i.S.d. § 23 EStG vorliegt. Denn das Finanzgericht hat Zweifel daran, dass ein häusliches Arbeitszimmer ein selbständiges Wirtschaftsgut i.S.d. § 23 EStG ist, für welches eine separate Zehnjahresfrist laufen kann.

KARRIERE
Scroll down Scroll down