BFH setzt Schwelle zur Begründung einer Betriebsstätte herab

Hintergrund

Nach § 12 AO ist eine Betriebsstätte jede Geschäftseinrichtung oder Anlage, die der Tätigkeit eines Unternehmens dient. Insbesondere fällt hierunter die Stätte der Geschäftsleitung, eine Zweigniederlassung, Lager, Einkauf- und Verkaufsstellen, Geschäftsstellen und Werkstätte. Nach ständiger Rechtsprechung muss es sich dabei um eine Geschäftseinrichtung oder Anlage mit einer festen Beziehung zur Erdoberfläche, die von einer gewissen Dauer ist, der Tätigkeit des Unternehmens dient und über die der Steuerpflichtige eine nicht nur vorübergehende Verfügungsmacht hat, handeln. In einem aktuellen Urteil vom 07. Juni 2023 (I R 47/20) befasst sich der BFH mit der Frage, unter welchen Voraussetzungen ausländische Dienstleister in fremden Räumlichkeiten eine inländische Betriebsstätte begründen können.

Entscheidung des BFH

In dem oben genannten Urteil entschied der BFH, dass das zur Verfügung stellen eines persönlichen Spindes zur Aufbewahrung der Privatkleidung während der Arbeitszeit und der Arbeitskleidung während der Freizeit bei einem Flugzeugmechaniker/-ingenieur bereits eine Betriebsstätte begründet. Nach dessen Auffassung reicht die Überlassung personenbezogener Nutzungsstrukturen im Zusammenhang mit der Erbringung der Dienstleistung aus, um eine „Verwurzelung“ mit dem Ort der Ausübung zu begründen. Es muss gewährleistet sein, dass die eigene unternehmerische Tätigkeit mit fester örtlicher Bindung ausgeübt wird ("Verwurzelung" des Unternehmens mit dem Ort der Ausübung der unternehmerischen Tätigkeit). Hervorzuheben ist auch, dass der Dienstleierster sein Werkzeug, welches er zur Ausübung seiner Tätigkeit benötigt, nicht in dem Spind deponierte. Der BFH äußerte sich dazu, dass es nicht darauf ankomme, ob die "Verwurzelung" im Rahmen der anzustellenden Gesamtwürdigung nur durch Komponenten vermittelt werde, die einen unmittelbaren Leistungsbezug aufweisen. Im Rahmen einer Gesamtwürdigung sei auch zu berücksichtigen, dass zumindest die Möglichkeit bestanden habe, das Werkzeug dort aufzubewahren.

Zudem war auch die weitere Voraussetzung - Verfügungsmacht über die Räumlichkeiten der Betriebstätte - zu bejahen, da dem Dienstleister die Nutzungsmöglichkeit über die im Zusammenhang mit der Leistungserbringung unerlässlichen Räumlichkeiten (Hangar, Computerraum, Verwaltungs-/Aufenthalts- und Umkleideraum) gewährt wurde.

Fazit

Zwar reicht eine bloße physische Präsenz in den Räumen des Aufraggebers zur Begründung einer Betriebsstätte weiterhin nicht aus. Kommen aber noch weiter Anhaltspunkte für sog. personenbezogene Nutzungsstrukturen hinzu, kann es zu einer inländischen Betriebsstätte kommen.

Durch dieses Urteil setzt der BFH die Schwelle zur Begründung einer Betriebsstätte im Dienstleistungsbereich weiter herab. Es ist daher verstärkt darauf zu achten, soweit man über längere Zeit in fremden Räumlichkeiten tätig wird, dass personenbezogene Nutzungsstrukturen und die vertraglich fixierte Verfügungsmacht über die allgemeinen Räumlichkeiten oder fixe Vorrichtungen (Spind, Schließfach etc.) vermieden werden, um das Entstehen einer Betriebsstätte zu vermeiden.

 

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