BMF erläutert die Rahmenbedingungen der Steuerbefreiung für kleinere PV-Anlagen

Nachdem mit dem Jahressteuergesetz 2022 für kleine Photovoltaikanlagen (PV-Anlagen) eine Steuerbefreiung rückwirkend zum 1. Januar 2022 ins Gesetz aufgenommen wurde, hat sich das BMF insbesondere zu einigen Anwendungsfragen geäußert.

Persönlicher Anwendungsbereich:

Die Steuerbefreiung gilt bei allen Einkunftsarten und bei Kapitalgesellschaften und auch bei Betrieben gewerblicher Art. Das BMF stellt klar, dass die Befreiungsregelung je natürliche Person, Mitunternehmerschaft und Körperschaft gilt und jeweils eigenständig zu prüfen ist.

Die Finanzverwaltung äußert sich nicht zu dem Verhältnis zwischen der Handels- und der Steuerbilanz. Nur steuerrechtlich kommt die Befreiungsnorm in der Bilanz zur Anwendung, nicht jedoch im Handelsrecht. Sofern keine Steuerbilanz aufgestellt wird, ist ein Korrekturposten nach § 60 Abs. 2 EStDV zu bilden.

Sachlicher Anwendungsbereich:

Zum sachlichen Anwendungsbereich nimmt die Finanzverwaltung ausführlich Stellung.

Entscheidend ist die Bruttoleistung nach dem Marktstammdatenregister in kW (peak). Eine PV-Anlage besteht dabei im Wesentlichen aus Solarmodulen, Wechselrichter und Einspeisezähler.

Begünstigte Anlagen:

Begünstigt sind mit Gewinnerzielungsabsicht betriebene PV-Anlagen, die sich auf, an oder in dem jeweiligen Gebäude befinden (einschließlich Nebengebäude, wie z. B. Gartenhäuser, Garagen, Carports). Ebenso sind dachintegrierte und sog. Fassadenphotovoltaikanlagen begünstigt.

Je nach Art des Gebäudes darf die maximale maßgebliche Leistung in kW (peak) je Steuerpflichtiger/Mitunternehmerschaft bei gebäudebezogener Betrachtung nicht überschritten werden.

Einfamilienhaus 30,00
Zwei-/Mehrfamilienhaus zu Wohnzwecken 15,00 je Wohneinheit
Gemischt genutzte Immobilie 15,00 je Wohn-/Gewerbeeinheit
Gewerbeimmobilie mit einer Gewerbeeinheit 30,00
Gewerbeimmobilie mit mehreren Gewerbeeinheiten 15,00 je Gewerbeeinheit

Die Steuerfreiheit ist auf insgesamt höchstens 100 kW (peak) pro Steuerpflichtigen oder Mitunternehmerschaft begrenzt. Nach Auffassung der Finanzverwaltung handelt es sich um eine Freigrenze. Es gelten die Grenzen pro Anlage, sodass eine Steuerbefreiung auch in Betracht kommt, wenn die Eheleute auf dem gemeinsamen Einfamilienhaus jeweils eine Anlage von 16 kW (peak) betreiben, sofern die Anlagen getrennt betrieben werden. Explizit ausgenommen von der Begünstigung sind sogenannte Freiflächen-PV-Anlagen unabhängig von ihrer Größe.

Umfang der Steuerbefreiung:

Von der Steuerbefreiung umfasst sind Einnahmen und Entnahmen unabhängig von der Verwendung des von der Photovoltaikanlage erzeugten Stroms.

Zu den begünstigten steuerbefreiten Einnahmen gehören insbesondere

  • die Einspeisevergütung,
  • Entgelte für anderweitige Stromlieferungen, z. B. an Mieter,
  • Vergütungen für das Aufladen von Elektro- oder Hybridelektrofahrzeugen,
  • Zuschüsse und
  • bei der Einnahmenüberschussrechnung vereinnahmte und erstattete Umsatzsteuer.

Für alle in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang mit dem Betrieb begünstigten PV-Anlagen, können keine Betriebsausgaben abgezogen werden.

Werden die Voraussetzungen Steuerbefreiung unterjährig erstmalig oder letztmalig erfüllt (z. B. aufgrund Veränderungen bei den Wohn-/Gewerbeeinheiten im Gebäude, Änderung der maßgeblichen Leistung der PV-Anlage, Über- oder Unterschreitung der 100,00 kW (peak)-Grenze), findet die Steuerbefreiung nur bis zu bzw. ab diesem Zeitpunkt Anwendung.

Investitionsabzugsbetrag (IAB):

Bei begünstigten PV-Anlagen scheidet die Inanspruchnahme von IAB in nach dem 31. Dezember 2021 endenden Wirtschaftsjahren aus. Daher sind IAB, die in vor dem 1. Januar 2022 endenden Wirtschaftsjahren in Anspruch genommen und bis einschließlich zum 31. Dezember 2021 noch nicht gewinnwirksam hinzugerechnet wurden, rückgängig zu machen, wenn in begünstigte PV-Anlagen investiert wurde. Eine Ausnahme gilt nach BMF in nach dem 31. Dezember 2021 endenden Wirtschaftsjahren, wenn die Anlage Betriebsvermögen eines Betriebes ist, dessen Zweck nicht nur die Erzeugung von Strom aus PV-Anlagen ist.

Übertragung oder Überführung einer PV-Anlage zu Buchwerten:

Die Übertragung oder Überführung zu Buchwerten ist nicht möglich, wenn die PV-Anlage vor der Übertragung oder Überführung nicht begünstigt war und damit auch ein etwaiger Aufgabe-/Veräußerungsgewinn steuerpflichtig wäre, sie aber nach der Übertragung oder Überführung begünstigt ist.

Gewerbliche Infektion:

Bei begünstigten PV-Anlagen ist die gewerbliche Infektion nicht anzuwenden. Bei im Übrigen vermögensverwaltend tätigen Mitunternehmerschaften, die bislang nur aufgrund des Betriebs einer oder mehrerer PV-Anlagen gewerblich infiziert waren, sind sämtliche Wirtschaftsgüter, insbesondere die Gebäude, auf, an oder in dem sich eine PV-Anlage befindet, mit Ausnahme der PV-Anlagen im Jahr 2022 zu entnehmen. Aus Vertrauensschutzgründen sieht das BMF von einer Entnahme ab, wenn die Verstrickung der stillen Reserven bis zum 31. Dezember 2023 aus anderen Gründen wiederhergestellt ist. Insoweit bleibt noch etwas Zeit, die Entnahme zu verhindern.

PV-Anlagen in anderweitigem Betriebsvermögen:

Befindet sich die PV-Anlage im Betriebsvermögen eines Betriebs, dessen Zweck nicht ausschließlich der Betrieb begünstigter Anlagen ist, umfasst die Begünstigung nur so weit, als Strom eingespeist, entnommen oder an Dritte veräußert wird. Nur so weit der Strom eigenbetrieblich genutzt wird, ist ein Betriebsausgabenabzug möglich. Die Inanspruchnahme des IAB ist nicht zu kürzen. Die Hinzurechnung ist dann nicht steuerfrei. Sollte der Strom in einem anderen Betrieb des Steuerpflichtigen verbraucht werden, ist zu prüfen, ob getrennte Betriebe vorliegen oder ob es sich um einen einheitlichen Betrieb handelt. Bei getrennten Betrieben liegt bei dem Verbrauch des Stroms aus der PV-Anlage des einen Betriebs in dem anderen Betrieb eine Entnahme für betriebsfremde Zwecke vor. In diesem Fall ist das Betriebsausgabenabzugsverbot zu beachten. Die Überführung ist zum Buchwert möglich, wenn zwei getrennte Betriebe vorliegen und die Anlage nicht begünstigt ist.

§ 35a EStG:

Handwerkerleistungen, deren Aufwendungen keine Betriebsausgaben oder Werbungskosten darstellen, können eine Steuerermäßigung nach Maßgabe von § 35a EStG auslösen. Ausschließlich für die Anwendung des § 35a EStG ist zu unterstellen, dass bei begünstigten Anlagen, keine Gewinnerzielungsabsicht vorliegt. Eine Steuerermäßigung nach § 35a EStG ist bei Vorliegen der allgemeinen Anspruchsvoraussetzungen zu gewähren.

Zeitliche Anwendung:

Die Grundsätze des BMF-Schreibens gelten für alle Einnahmen und Entnahmen, die nach dem 31. Dezember 2021 erzielt oder getätigt werden. Für Anlagen, die bis zum 31. Dezember 2021 in Betrieb genommen wurden, wird die Frist für die Antragstellung auf Anwendung der Vereinfachungsregelung („Liebhabereiantrag“) bis zum 31. Dezember 2023 verlängert. Auch ein wiederholter Antrag ist möglich. Für später angeschaffte Anlagen ist kein Antrag mehr möglich.

Fazit:

Die Finanzverwaltung hat mit dem BMF-Schreiben zur Anwendung der Steuerfreiheit im Detail Stellung bezogen. Diese Ausführungen sind für die Praxis bedeutsam, wenngleich zu erwarten ist, dass gerade im Zusammenhang mit der unzulässigen Übertragung von in Jahren vor 2022 gebildeten IAB auf nunmehr steuerfreie PV-Anlagen die Finanzgerichte angerufen werden.

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