Immobilienveräußerung im Rahmen der Ehescheidung nach Auszug aus dem Familienheim als steuerpflichtiges Veräußerungsgeschäft

Liegt ein privates Veräußerungsgeschäft auch dann vor, wenn ein Ehegatte seinen Miteigentumsanteil wegen drohender Zwangsvollstreckung in Rahmen der Scheidungsfolgenvereinbarung entgeltlich auf seinen geschiedenen Ehepartner überträgt? Der Bundesfinanzhof (BFH) hat dies in seiner kürzlichen Entscheidung bejaht.

Hintergrund der Entscheidung war folgender: Ein Ehepaar hatte gemeinsam im Jahr 2008 ein Einfamilienhaus zu jeweils hälftigem Miteigentum erworben, welches sie bis zur Trennung im Jahr 2015 gemeinsam mit ihrem minderjährigen Sohn bewohnten. Im Jahr 2015 zog der Ehemann aus der Immobilie aus, zwei Jahre später wurde die Ehe geschieden. Nachdem die Ehefrau die Zwangsversteigerung angedroht hatte, falls der Ehemann ihr nicht seinen hälftigen Miteigentumsanteil verkaufen würde, stimmte der Ehemann zu und veräußerte seiner geschiedenen Ehefrau im Rahmen der notariellen Scheidungsfolgevereinbarung seinen Anteil an der Immobilie. Dabei erzielte er einen Veräußerungsgewinn.

Streitig war zum einen, ob die Veräußerung unter Androhung der Zwangsvollstreckung durch die geschiedene Ehefrau den tatbestandlichen Begriff einer Veräußerung i.S. § 23 EStG erfülle, denn dieser setzt eine willentliche Entscheidung des Steuerpflichtigen voraus. Da der Ehemann jedoch sowohl einen angemessen Preis erzielen wollte, als auch beim Abschluss der Scheidungsfolgenvereinbarung steuerlich beraten war, stellten das Finanzgericht wie auch der Bundesfinanzhof fest, dass der Kläger sich zwar in einer wirtschaftlichen Zwangslage befand, die individuelle Vorgehensweise des Klägers allerdings eine wirtschaftliche Betätigung darstellte, die zu einer willentlichen Veräußerung führte. Nach Ansicht des BFHs könne es demnach an dem für eine Veräußerung maßgeblichen Veräußerungswillen nur fehlen, wenn keine freie Willensentscheidung möglich ist.

Des Weiteren stellte der BFH fest, dass die Überlassung des Miteigentumsanteils an das minderjährige Kind, das sich im Haushalt der getrenntlebenden Ehefrau befinde, nicht dem veräußernden Ehemann als „Nutzung zu eigenen Wohnzwecken“ zugerechnet werden könnte. Der Begriff "eigene" Wohnzwecke umfasst zwar (mittelbar) auch die Wohnzwecke von unterhaltsberechtigten Kindern. Allerdings haben minderjährige Kinder keinen eigenen Haushalt, sondern sind dem Haushalt des betreuenden Elternteils zuzurechnen. Die schädliche Mitnutzung der Immobilie durch die geschiedene Ehefrau verhindere somit nach Ansicht des BFHs die Zurechnung der Eigennutzung des Sohnes für den Veräußerungstatbestand beim Vater, soweit kein gemeinsames Familienverhältnis mehr gegeben ist. Insoweit ist die Situation eine andere als bei der unentgeltlichen Überlassung einer Immobilie an ein volljähriges Kind, für das der Steuerpflichtige Kindergeld oder einen Kinderfreibetrag erhält.

Ehepartnern in Trennung ist demnach zu raten, entweder bis zum Veräußerungszeitpunkt oder zumindest noch zu Beginn des Jahres der Veräußerung in der Immobilie wohnen zu bleiben, um das Entstehen von steuerpflichtigen Veräußerungsgewinnen im Scheidungsfall zu verhindern. Möglich wäre es auch, im ehemaligen Familienwohnsitz zumindest noch einen Zweitwohnsitz zu unterhalten. Denn eine Immobilie wird auch dann zu eigenen Wohnzwecken genutzt, wenn sie der Steuerpflichtigen nur zeitweilig bewohnt, sie ihm aber in der übrigen Zeit als Wohnung zur Verfügung steht. Für eventuelle Diskussionen mit der Finanzverwaltung sollte allerdings die Mitbenutzung der Immobilie (u.a. gelegentliche Übernachtungen) sowie die wirtschaftliche Beteiligung an den laufenden Kosten entsprechend dokumentiert werden.

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