Neues zur Fortsetzung einer Organschaft bei Umwandlungen

Die steuerliche Anerkennung einer ertragsteuerlichen Organschaft erfordert zum einen einen auf mindestens fünf Jahre abgeschlossenen Ergebnisabführungsvertrag, der während seiner gesamten Geltungsdauer durchzuführen ist und zum anderen die ununterbrochene finanzielle Eingliederung des Organträgers an der Organgesellschaft vom Beginn ihres Wirtschaftsjahres an. Maßgeblich hierfür ist die Mehrheit der Stimmrechte aus den Anteilen an der Organgesellschaft.

Bei Umwandlungen in Organschaftsfällen mit einem umwandlungssteuerlichen Übertragungsstichtag, der nicht dem Beginn des Wirtschaftsjahrs der Organgesellschaft entspricht, stellt sich die Frage nach der Wirksamkeit der ertragsteuerlichen Organschaft.

Im zu beurteilenden Sachverhalt (I R 36/20) wurde die A-GmbH als Organträgerin (Wirtschaftsjahr = Kalenderjahr) unterjährig im Mai 2015 auf eine AG (Wirtschaftsjahr = Kalenderjahr) verschmolzen. Steuerlicher Übertragungsstichtag war der 1. Januar 2015.

Organgesellschaft ist die B-GmbH (abweichendes Wirtschaftsjahr zum 31. August). Die B-GmbH ging für den Veranlagungszeitraum 2015 von einer ertragsteuerlichen Organschaft mit der AG als Organträgerin aus.

Das Finanzamt verneinte die finanzielle Eingliederung der B-GmbH in die AG, da die AG nicht von Beginn des Wirtschaftsjahres der Organgesellschaft (1. September 2014) ununterbrochen die Mehrheit der Stimmrechte hatte. Das FG Hamburg vom 4. September 2020 6 K 150/18 sah die Voraussetzungen einer Organschaft hingegen als erfüllt an.

Mit Urteil vom 11. Juli 2023 I R 36/20 bestätigt der BFH die Entscheidung des FG und hält damit an seiner bisherigen Rechtsprechung fest:

Die übernehmende Körperschaft (AG) tritt umfassend in die steuerliche Rechtsstellung der übertragenden Körperschaft (A-GmbH) (sog. Fußstapfentheorie). Das gilt auch für die körperschaftsteuerrechtlichen Organschaftsvoraussetzungen. Danach ist es ausreichend, wenn ab Beginn des Wirtschaftsjahres der Organgesellschaft (hier: 1. September 2014) eine finanzielle Eingliederung zunächst zum übertragenden Rechtsträger (A-GmbH) und anschließend zum übernehmenden Rechtsträger (AG) besteht.

Unschädlich ist nach Ansicht des BFH auch, wenn der Beginn des Wirtschaftsjahres der Organgesellschaft (hier: 1. September 2014) nicht mit dem umwandlungssteuerlichen Übertragungsstichtag (hier: 1. Januar 2015) zusammenfällt. Hinsichtlich der finanziellen Eingliederung tritt der übernehmende Rechtsträger (AG) auch dann in die Rechtsstellung des übertragenden Rechtsträgers (A-GmbH) ein, wenn der umwandlungssteuerliche Übertragungsstichtag nicht auf den Beginn des Wirtschaftsjahres der Organgesellschaft zurückbezogen wird.

Fazit

Zeitgleich sind drei weitere Urteile des BFH zu diesem Themenkreis veröffentlicht worden (I R 21/20, I R 40/20 und I R 45/20 – u.a. auch zum Anteilstausch). Darin wurde die Fußstapfentheorie auch auf andere Umwandlungsvorgänge angewandt. Mit dieser Urteilsserie ist eine für die Unternehmens- und Konzernpraxis wichtige Besteuerungsfrage im Zusammenhang mit dem Aufbau von steuerlichen Organschaftsstrukturen bei gesellschaftsrechtlichen Umwandlungen höchstrichterlich geklärt, die die Begründung oder nahtlose Fortführung einer ertragsteuerlichen Organschaft auch bei unterjähriger Umwandlung ermöglicht.

Es bleibt zu hoffen, dass die Finanzverwaltung diese BFH-Rechtsprechungen anerkennt und ihre vormals ablehnende Haltung zur Anwendung der Fußstapfentheorie auf die Zurechnung der finanziellen Eingliederung bei unterjährigem Umwandlungsstichtag aufgibt. Es wäre daher wünschenswert, dass das BMF dies bei der derzeitigen Aktualisierung des UmwStE berücksichtigt.

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