Steuerfreie Veräußerungen von Grundstücken aus Nachlassvermögen

Entgegen seiner früheren Rechtsprechung entschied der BFH jüngst, dass der entgeltliche Erwerb des Erbanteils einer Erbengemeinschaft, der ein Grundstück gehört, keine anteilige Anschaffung des Grundstücks darstelle und somit keine Spekulationsfrist bezüglich des Grundstücks auslöse. Wird das Grundstück also kurze Zeit später verkauft, führt dies nicht zu einem einkommensteuerpflichtigen Veräußerungsgewinn iS. § 23 EStG.

Der Gewinn aus der Veräußerung einer Immobilie im Privatvermögen stellt einen steuerpflichtigen Spekulationsgewinn iS. § 23 EStG dar, wenn der Verkauf innerhalb von zehn Jahren nach Anschaffung erfolgt. Dies bedeutet, dass Wertsteigerungen von privat gehaltenen Immobilien der Einkommensteuer unterliegen, sofern die Mindesthaltezeit nicht eingehalten oder die Immobilie nicht privat genutzt wird. Nach bisheriger Rechtsprechung des BFH und Meinung der Finanzverwaltung realisierte der Steuerpflichtige beim Kauf eines Miterbenanteils und der späteren Veräußerung der Immobilie ein steuerpflichtiges Veräußerungsgeschäft, wenn die zehnjährige Haltefrist unterschritten wurde. Von dieser Auffassung ist der BFH mit Entscheidung vom 26. September 2023 jedoch abgerückt.

Im zu entscheidenden Fall des BFH war der Kläger Mitglied einer Erbengemeinschaft, zu der auch ein Grundstück gehörte. Der Kläger erwarb die übrigen Erbanteile von einem Dritten und veräußerte im folgenden Jahr das Grundstück mit Gewinn. Im Unterschied zur bisherigen Rechtsprechung verneinte der BFH nun ein steuerpflichtiges Veräußerungsgeschäft, da nach seiner Auffassung keine Identität zwischen dem erworbenen Erbanteil und dem später veräußerten Grundstück bestehe, auch wenn das Grundstück der Erbengemeinschaft und damit dem gekauften Erbanteil zuzurechnen sei. Die zivilrechtliche Betrachtungsweise allein sei maßgeblich. Demnach stellt der Erwerb einer gesamthänderischen Beteiligung – bei zivilrechtlicher Betrachtung – keinen Erwerb eines (anteiligen) Grundstücks dar. Ebenso liefe die Sondervorschrift des § 23 Abs. 1 Satz 4 EStG ins Leere, da diese sich nach dem Wortlaut nicht auf Erbengemeinschaften, sondern ausschließlich auf Personengesellschaften beziehe.

Wenn also das Mitglied einer Erbengemeinschaft seinen Erbteil verkauft und nicht den darin enthaltenen Grundstücksanteil, beginnt die Haltefrist nicht (erneut) zu laufen. Der Verkauf des Grundstücks kann somit grundsätzlich steuerfrei erfolgen. Maßgeblich ist jedoch, dass der Anteil an der Erbengemeinschaft und nicht das Grundstück direkt erworben wird, da ansonsten eine neue Haltefrist von zehn Jahren beginnt. Ebenso zu beachten ist, dass bei der Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft ohne Ausgleichs- und Abfindungszahlungen die Haltefrist des Erblassers durch den Erben fortgesetzt wird, somit zwar auch keine neue Anschaffung iS. § 23 EStG vorliegt, nichts desto trotz aber ein steuerpflichtiges Veräußerungsgeschäft realisiert wird, wenn der Erbe die Immobilie innerhalb von zehn Jahren nach Erwerb durch den Erblasser veräußert.

Es bleibt abzuwarten, ob der Gesetzgeber auf die Rechtsprechungsänderung des BFH im Wege einer Änderung des Gesetzes reagieren und diese Reglungslücke schließen wird. Das BMF hat die Entscheidung bislang noch nicht im Bundessteuerblatt veröffentlicht und es ist somit anzunehmen, dass die Entscheidung auf Widerstand seitens der Finanzverwaltung stoßen wird.

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