Zur Berücksichtigung von ausgefallenen Gesellschafterdarlehen

Hintergrund

Ein in der Krise stehen gelassenes Darlehen liegt vor, wenn ein vor der Krise gewährtes, fremdübliches Darlehen vom Gesellschafter bei Eintritt der Krise stehen gelassen wird, obwohl er es hätte abziehen können und die Rückzahlung mit Blick auf die finanzielle Situation der Gesellschaft absehbar gefährdet war.

Bisher hatte der BFH in früheren Rechtsprechungen entschieden, dass dieses Stehenlassen des Darlehens zu nachträglichen Anschaffungskosten mit dem beizulegenden Wert im Zeitpunkt des Eintritts der Krise führt. Der bis zum Eintritt der Krise eingetretene Wertverlust fiel in der privaten Vermögenssphäre an.

Nachdem das Eigenkapitalersatzrecht aufgehoben wurde, war eine Berücksichtigung nach dieser Rechtsprechung des BFH (BFH-Urteil vom 11. Juli 2017, IX R 36/15) nur noch dann möglich, wenn der Gesellschafter eine eigenkapitalersetzende Finanzierungshilfe bis zum 27. September 2017 geleistet hatte.

Mit der Regelung des § 17 Abs. 2a EStG hat der Gesetzgeber 2019 erstmals eine gesetzliche Grundlage für im Rahmen von § 17 EStG zu berücksichtigende nachträgliche Anschaffungskosten geschaffen.

Entscheidung des BFH

Vor diesem Hintergrund hat sich der BFH mit dem Urteil vom 18. Juli 2023 – IX R 21/21 – mit der bisher strittigen Frage auseinandergesetzt, ob der Ausfall eines stehen gelassenen Gesellschafterdarlehens nach Einführung des § 17 Abs. 2a EStG zum Nennwert oder – wie bislang – lediglich mit dem Wert zum Zeitpunkt des Eintritts der Krise zu nachträglichen Anschaffungskosten der Beteiligung führt.

Nach § 17 Abs. 2a Satz 1 EStG sind Anschaffungskosten die Aufwendungen, die geleistet werden, um die Anteile im Sinne des § 17 Abs. 1 EStG zu erwerben. Zu den Anschaffungskosten gehören auch Darlehensverluste, soweit die Gewährung des Darlehens oder das Stehenlassen des Darlehens in der Krise der Gesellschaft gesellschaftsrechtlich veranlasst war (Nr. 2). Eine gesellschaftsrechtliche Veranlassung liegt regelmäßig vor, wenn ein fremder Dritter das Darlehen oder Sicherungsmittel im Sinne bei sonst gleichen Umständen zurückgefordert oder nicht gewährt hätte. Eine eigene Bewertungsnorm enthält § 17 Abs. 2a EStG nicht.

Der BFH entschied, dass ein in der Krise stehen gelassenes Darlehen im Rahmen des § 17 Abs. 2a EStG mit dem zum Zeitpunkt des Eintritts der Krise bestehenden Teilwert zu bewerten ist. Maßgeblich ist die Werthaltigkeit des Darlehens zu dem Zeitpunkt, in dem der Gesellschafter es mit Rücksicht auf das Gesellschaftsverhältnis nicht abzieht.

Fazit

Der BFH hat damit Klarheit geschaffen, dass der Ausfall von stehen gelassenen Darlehen nur mit dem Teilwert im Zeitpunkt des Kriseneintritts als nachträgliche Anschaffungskosten im Rahmen des § 17 EStG Berücksichtigung finden kann. In den meisten Fällen beträgt der Teilwert – wie auch im Urteilsfall – EUR 0, sodass eine Berücksichtigung nach § 17 Abs. 2a EStG entfällt.

Der nicht mehr werthaltige Teil des Darlehens könnte für nach dem 31. Dezember 2008 gewährte Darlehen ggf. nach § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 7 und S. 2 EStG berücksichtigt werden, da insoweit § 17 EStG nicht vorrangig anzuwenden ist und damit auch die Subsidiaritätsklausel des § 20 Abs. 8 EStG nicht greift. Allerdings unterliegen Verluste aus Darlehens- oder Bürgschaftsregressforderungen gem. § 20 Abs. 2 und 4 EStG grundsätzlich der Verlustverrechnungsbeschränkung des § 20 Abs. 6 Satz 6 EStG. Solche Verluste können danach jährlich nur i.H.v. EUR 20.000 mit positiven Einkünften aus Kapitalvermögen ausgeglichen werden. Der nicht verrechenbare Verlust kann in die Folgejahre vorgetragen werden. Praktisch bleibt damit kaum Raum um den Darlehensverlust aus in der Krise stehen gelassenen Darlehen steuerlich geltend zu machen.

KARRIERE
Scroll down Scroll down