Abgrenzung von Erhaltungsaufwand und Herstellungskosten bei Gebäuden

Ein häufiges Problem in der Praxis stellt die exakte Abgrenzung von aktivierungspflichtigen Herstellungskosten und sofort abzugsfähigem Erhaltungsaufwand im Zusammenhang mit baulichen Maßnahmen (Sanierung, Modernisierung, Instandhaltung und Instandsetzung etc.) an Gebäuden dar. Je nach Einstufung der baulichen Maßnahmen können sich ganz unterschiedliche bilanzielle Folgen ergeben. Im Folgenden soll daher ein Überblick über die verschiedenen Abgrenzungskriterien gegeben werden.

Der Begriff der Herstellungskosten

Gemäß § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB sind Aufwendungen zu aktivieren, wenn eine der drei folgenden Voraussetzungen erfüllt ist:

1) Herstellung eines Vermögensgegenstands (VG)

2) Erweiterung eines VG

3) Eine über den ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung

Zu 1) Herstellung eines Vermögensgegenstandes

Von der Herstellung eines neuen Gebäudes kann beispielsweise unter folgenden Voraussetzungen ausgegangen werden.

Sollten zum einen wesentliche Teile des Gebäudes in einem Ausmaß abgenutzt worden sein, dass das Gebäude in seiner gänzlichen oder bisherigen Funktion unbrauchbar geworden ist („Vollverschleiß“) und wird durch die baulichen Maßnahmen unter Verwendung noch nutzbarer Teile ein neues Gebäude hergestellt. Werden in diesem Falle die abgenutzten Teile ausgetauscht, die einen bestimmenden Einfluss auf die Nutzungsdauer des Gebäudes einnehmen, so liegt eine Herstellung eines neuen Gebäudes vor.

Ein neuer VG kann ebenfalls entstehen, wenn eine völlige Nutzungs- und Funktionsänderung vorliegt, d.h. wenn ein Gebäude einen völlig neuen Verwendungszweck bekommt. Ein Beispiel hierfür wäre die Umfunktionierung einer Mühle in ein Wohnhaus. Abgelehnt dagegen wurde bspw. die Umfunktionierung einer Gaststätte in einen Buchladen, da das Gepräge des Gebäudes weiterhin als rein gewerblich anzusehen war.

Zu 2) Erweiterung eines Vermögensgegenstandes

In diesem Fall ist zu entscheiden, ob ein Gebäude in seinem Zustand nur erhalten oder ob es tatsächlich erweitert wird. Ein Problem kann hier sein, dass Erhaltungsaufwendungen und Erweiterungsmaßnahmen zusammenkommen können.

Von einer Erweiterung eines Gebäudes spricht man im Falle einer baulichen Maßnahme, die zu einer Substanzmehrung sowie damit einhergehend zu einer Erweiterung der Nutzungsmöglichkeiten führt, wie z.B. Anbau, Vergrößerung der nutzbaren Fläche und Aufstockung.

Eine Erweiterung liegt dagegen nicht vor, wenn „selbstständig verwertbare Anlagen“ errichtet werden, wie z.B. Blockheizkraftwerke oder Aufdach-Photovoltaikanlagen, welche so konstruiert sind, dass sie auch andere Gebäude mit Wärme versorgen oder sie unabhängig Energie erzeugen.

Zu 3) Wesentliche Verbesserungen über den ursprünglichen Zustand

a) Ursprünglicher Zustand

Der ursprüngliche Zustand des Gebäudes gemäß § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB ist als der Zustand zu betrachten, in dem der Eigentümer das Gebäude in sein Vermögen aufgenommen hat, d.h. der Zeitpunkt der Anschaffung bzw. Herstellung.
Durch bauliche Maßnahmen, die zu nachträglichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten führen oder aufgrund von Substanzverlusten (z.B. Brandschäden oder Hochwasser), kann sich dies auf den Zeitpunkt nach der Durchführung der nachträglichen Maßnahmen bzw. Eintritt des Verlustes verschieben.

b) Wesentliche Verbesserung

Man spricht von einer wesentlichen Verbesserung, wenn die zeitgemäße substanzerhaltende Erneuerung die Gebrauchsmöglichkeiten des Gebäudes („Nutzungspotential“) im Ganzen erhöht.

  • Gebäudequalität:

Eine Erhöhung der Gebrauchsmöglichkeiten kann durch eine qualitative Verbesserung des Gebäudes entstehen, diese kommt durch den wesentlichen Anstieg der erzielbaren Miete zum Ausdruck. Nicht zu beachten sind hierbei bauliche Maßnahmen, welche lediglich den Komfort wiederherstellen, der im ursprünglichen Zustand vorhanden, aber z.B. durch technologischen Fortschritt verlorengegangen war.

Der Gebrauchswert des Gebäudes bestimmt sich grundsätzlich aus der Architektur, der Lage und vor allem der Anzahl und Größe der Räume. Daneben bestimmt auch die Ausstattung den Gebrauchswert eines Gebäudes. Bei der Anhebung des Standards in mind. drei zentralen Bereichen der Ausstattung (Heizung, Elektroinstallation, Fenster, Wärmedämmung etc.), kann von einer wesentlichen Verbesserung gesprochen werden.

Auch der Ersatz von bereits vorhandenen Substanzen durch neue Bestandteile, die neue (zusätzliche) Funktionen erfüllen, die über den technischen Fortschritt hinausgehen, kann die Gebrauchsmöglichkeiten eines Gebäudes erheblich erhöhen.

  • Nutzungsdauer:

Oftmals liegt eine Erhöhung der Gebrauchsmöglichkeiten bei einer wesentlichen Verlängerung der Nutzungsdauer (technisch oder wirtschaftlich) vor.

  • Anschaffungsnahe Herstellungskosten:

Hierbei geht es um die Differenzierung, ob die Aufwendungen nur den Erwerbszustand erhalten oder ob bereits zu diesem Zeitpunkt Bedarf an baulichen Maßnahmen bestanden hatte, deren Durchführung eine wesentliche Verbesserung gegenüber dem Zustand des Erwerbs mit sich bringen. Ein Indiz hierfür sind hohe Aufwendungen für bauliche Maßnahmen und ein im Verhältnis dazu geringer Kaufpreis.

  • Zusatz: Anschaffungsnahe Herstellungskosten gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG:

Aufwendungen für Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen, die innerhalb von drei Jahren nach Anschaffung des Gebäudes durchgeführt werden, werden den HK zugerechnet, falls die Höhe der Aufwendungen 15% (ohne USt) der Anschaffungskosten des Gebäudes übersteigt. Diese Regelung gilt jedoch nur steuerlich.

Zusammenhängende Baumaßnahmen

Werden bauliche Maßnahmen gleichzeitig (oder in einem engen Zeitraum) durchgeführt, sind diese getrennt danach zu beurteilen, ob diese den Voraussetzungen einer Aktivierung entsprechen.

Eine zusammenfassende Beurteilung ist nur dann möglich, falls bauliche Maßnahmen, die für sich allein betrachtet nur eine zeitgemäße substanzerhaltende Erneuerung bewirken, mit anderen zu HK führenden Baumaßnahmen in einem engen sachlichen und räumlichen Zusammenhang stehen und insgesamt eine einheitliche Baumaßnahme bilden.

Dieser Sachverhalt liegt vor, wenn sich die Maßnahmen bautechnisch bedingen. Also dann, wenn Maßnahmen die zu HK führen, die Durchführung weiterer Maßnahmen erfordern oder die Durchführung bestimmter Maßnahmen voraussetzen.
Ein enger zeitlicher Zeitraum kann sich auch über mehrere Geschäftsjahre ziehen.

Beispiel:
Die Modernisierung einzelner Wohnungen kann zu wesentlichen Verbesserungen führen, wenn das Gebäude dadurch als Ganzes eine wesentliche Verbesserung erfährt (Erhöhung Gebrauchswert).

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