Aktuelle Rechtsprechung zur erbschaftsteuerlichen Steuerbefreiung für ein Familienheim

Erbt ein Kind von einem Elternteil eine im Inland (oder im EU- bzw. EWR-Raum) gelegene Immobilie, ist dies nach § 13 Abs. 1 Nr. 4c S. 1 ErbStG steuerfrei, wenn

  • der Elternteil darin bis zum Erbfall eine Wohnung zu eigenen Wohnzwecken genutzt hat,
  • diese Wohnung vom Erben unverzüglich zur Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken bestimmt ist (sog. Familienheim)
  • und soweit die Wohnfläche 200 qm nicht übersteigt.

Zur Auslegung der in dieser Norm enthaltenen unbestimmten Rechtsbegriffe „unverzüglich“ und „Wohnung“ ist in der jüngsten Vergangenheit relativ restriktive Rechtsprechung ergangen:

Steuerbefreiung für ein Familienheim im Fall der Renovierung (BFH v. 27. Mai 2019, II R 37/16)

Der BFH hatte zu entscheiden, was unter dem Wort „unverzüglich“ in Fall einer Renovierung des Familienheims nach Ableben des Elternteils zu verstehen ist.

Das Gericht entschied erneut, dass „unverzüglich“ „ohne schuldhaftes Zögern, d.h. innerhalb einer angemessenen Zeit nach dem Erbfall“ bedeutet. Angemessen ist dabei ein Zeitraum von bis zu sechs Monaten.

Zieht der Erbe nach Ablauf dieser sechs Monate nicht in die Wohnung ein, muss es darlegen und glaubhaft machen, zu welchem Zeitpunkt er sich zur Selbstnutzung als Familienheim entschlossen hat, aus welchen Gründen ein Einzug nicht früher möglich war und warum er diese Gründe nicht zu vertreten hat. Solche Gründe können z.B. vorliegen, wenn sich der Einzug wegen einer Erbauseinandersetzung zwischen Miterben um einige weitere Monate verzögert.

Umstände, die nach Ablauf des Sechs-Monats-Zeitraums zu einer längeren Verzögerung des Einzugs führen und die der Erbe beeinflussen kann (wie z.B. eine Renovierung der Wohnung), sind nur unter besonderen Voraussetzungen unschädlich. Dies kann z.B. der Fall sein, wenn sich eine Renovierung deshalb länger hinzieht, weil nach Beginn der Renovierungsarbeiten ein gravierender Mangel der Wohnung entdeckt wird, der vor dem Einzug beseitigt werden muss.

Diese strenge Auslegung der Befreiungsregelung rechtfertigt der BFH mit verfassungsrechtlichen Gründen sowie damit, dass der Sechs-Monats-Zeitraum i.d.R. ausreichend sei, um den Entschluss zum Einzug zu fassen und die Renovierung und den Umzug durchzuführen.

Der Begriff der Wohnung (FG Köln v. 30. Januar 2019)

Auch das FG Köln hat ebenfalls recht restriktiv festgestellt, dass bei der Auslegung des Begriffs „eine Wohnung“von einem streng numerischen Verständnis des Rechtsbegriffs auszugehen ist und die Steuerbefreiung damit nur eine einzige Wohnung erfasst. Dies gilt auch in dem Fall, in dem zwei Wohnungen in einem Mehrfamilienhaus, die nur über das gemeinschaftliche, auch von den übrigen Mietern genutzte Treppenhaus erreichbar waren, vom Erblasser genutzt wurden, aber jeweils über eine eigene Küche, Badezimmer und als Schlaf-, Wohn- oder Arbeitsräume nutzbare sonstige Räume verfügen, wobei sich der Erblasser ganz überwiegend in einer der beiden Wohnungen aufgehalten hat.

Im Erbfall sollte sich der Erbe daher unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung rechtzeitig darüber im Klaren sein, was er mit der geerbten Immobilie machen will. Ein zu langes Zögern kann zum Verlust der Steuerbefreiung führen. Sofern mehrere parallel genutzte Wohnungen vorliegen, könnte je nach Lage des Einzelfalls darüber nachgedacht werden, diese baulich zusammen zu fassen, um von der Steuerbefreiung profitieren zu können. Im Übrigen gilt die Befreiung nur im Erbfall. Bei einer lebzeitigen Übertragung der Immobilie auf die Kinder existiert keine korrespondierende Befreiungsnorm.

 

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