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Aktuelles zu privaten Veräußerungsgeschäften

Steuerbare private Veräußerungsgeschäfte i.S.d. § 23 EStG sind u.a. Grundstücksveräußerungen, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zehn Jahre beträgt.

Nach ständiger Rechtsprechung des BFH sind für die Berechnung des Zeitraums zwischen Anschaffung und Veräußerung regelmäßig die Zeitpunkte maßgeblich, an denen jeweils die Kaufverträge abgeschlossen werden. Der Übergang des (wirtschaftlichen) Eigentums spielt grundsätzlich keine Rolle.

Der BFH hatte in einem kürzlich ergangenen Urteil über den der Fristbeginn der 10-Jahres-Frist für den Fall zu entscheiden, dass ein Grundstückskaufvertrag ein befristetes Benennungsrecht enthält. Der mit der Klägerin geschlossene Grundstückskaufvertrag datierte vom 21. September 2000 und enthielt ein Benennungsrecht für die Klägerin. Demnach war sie befugt, bis zu einem bestimmten Zeitpunkt jemand anderen als sie selbst als Grundstückserwerber zu benennen. Am 20. August 2001 benannte die Klägerin schließlich sich selbst und ihren Ehemann als Grundstückskäufer. Am 25. Februar 2011 veräußerte das Ehepaar das – zwischenzeitlich bebaute und zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung – genutzte Grundstück.

Der Argumentation des Ehepaars, dass die 10-jährige Frist des § 23 EStG mit Abschluss des Kaufvertrags am 21. September 2000 zu laufen begonnen habe und somit im Zeitpunkt der Weiterveräußerung bereits abgelaufen sei, folgte der BFH mit Urteil vom 26. Oktober 2021 (Aktenzeichen IX R 12/20) nicht: Maßgeblich sei vielmehr der Zeitpunkt, zu dem der Kaufvertrag für beide Vertragsparteien bindend geworden sei; das entspreche auch der ständigen Rechtsprechung des BFH. Hier wurde der Vertrag erst zum Zeitpunkt der Benennung am 20. August 2001 für die Vertragsparteien bindend, sodass die Veräußerung am 25. Februar 2011 noch innerhalb der 10-jährigen Veräußerungsfrist des § 23 EStG stattfand.

In einem weiteren Urteil ging es um die Frage, wem das Ergebnis eines steuerpflichtigen Veräußerungsgeschäfts nach einer unentgeltlichen Übertragung zuzurechnen ist, d.h. wer den Gewinn zu versteuern hat. Im Jahr 2011 erwarb die Klägerin ein Grundstück, übertrug es im Jahr 2012 unentgeltlich jeweils hälftig auf ihre Kinder. Mit Vertrag vom selben Tag veräußerten die Kinder das Grundstück weiter; die Verkaufsverhandlungen waren dabei allein von der Klägerin geführt worden. Die Kinder vereinnahmten jeweils den hälftigen Kaufpreis und versteuern den entsprechenden Veräußerungsgewinn. Offenbar sollte dadurch der Steuersatzvorteil durch die Kinder, die über geringere Einkünfte verfügten, genutzt werden.

Während das Finanzamt und das Finanzgericht hierin einen Gestaltungsmissbrauch i.S.d. § 42 AO sahen und den Veräußerungsgewinn in voller Höhe der Klägerin zurechnen wollten, folgte der BFH in seinem Urteil vom 23. April 2021 (Aktenzeichen IX R 8/20) der Argumentation der Klägerin: 23 Abs. 1 S. 3 EStG, gemäß dem für den Fall einer unentgeltlichen Übertragung die Anschaffung durch den Rechtsvorgänger dem Einzelrechtsnachfolger zuzurechnen ist, stelle eine spezialgesetzliche Missbrauchsvorschrift dar. Im Streitfall seien die Voraussetzungen dieser spezialgesetzlichen Missbrauchsverhinderungsvorschrift erfüllt, sodass für die Anwendung des § 42 AO kein Platz bleibe. Dementsprechend sei das private Veräußerungsgeschäft gemäß § 23 Abs. 1 S. 3 EStG von demjenigen zu versteuern, der die Veräußerung vorgenommen und den Veräußerungserlös tatsächlich erhalten hat, also von den Kindern der Klägerin.

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