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Ampel-Koalition legt Steuerpläne vor – Mehr Fortschritt wagen?

Mit dem am 24. November 2021 von SPD, Grüne und FDP vorgestellten Koalitionsvertrag wurden bereits auch erste Informationen zu den geplanten Änderungen im Steuerrecht veröffentlicht. Gleichwohl eine genaue Analyse zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht möglich ist, da die konkreten Ausgestaltungen erst erarbeitet werden müssen, haben wir die wichtigsten Punkte nachfolgend kurz für Sie zusammengefasst.

Ein sehr wichtiger Punkt auf der Ampel-Agenda ist die organisatorische und personelle Verstärkung der Steuerverwaltung, indem insbesondere auch auf eine zunehmende Digitalisierung gesetzt wird. Ziel ist es, durch geeignete Maßnahmen für weniger Bürokratie im Besteuerungsverfahren zu sorgen und gleichzeitig die steuerliche Betriebsprüfung zu beschleunigen. Darüber hinaus ist die Einrichtung eines Steuerforschungsinstituts geplant, um eine aktuelle und bessere Datenlage für eine evidenzbasierte Gesetzgebung zu schaffen.
Im Bereich des Einkommensteuer- sowie Körperschaftsteuerrechts sind zahlreiche Vorhaben geplant:

  • Anhebung der Steuerfreiheit des Pflegebonus auf EUR 3.000;
  • Stärkere Ausrichtung der Dienstwagenbesteuerung für neu zugelassene Fahrzeuge auf die rein elektrische Fahrleistung, indem Plug-In-Hybridfahrzeuge künftig nur noch begünstigt werden, wenn das Fahrzeug zu mehr als 50% im rein elektrischen Fahrantrieb betrieben wird;
  • Verlängerung der steuerlichen Homeoffice-Regelungen (Pauschale) bis 31. Dezember 2022;
  • Anhebung des Steuerfreibetrags für Mitarbeiterkapitalbeteiligungen, um deren Attraktivität zu steigern;
  • Einführung einer neuen Kindergrundsicherung bestehend aus einem einkommensunabhängigen Garantiebetrages zzgl. eines vom Elterneinkommen abhängigen, gestaffelten Zusatzbetrages sowie Erhöhung des Ausbildungsfreibetrages von EUR 924 auf EUR 1.200;
  • Überführung der Kombination aus den Steuerklassen III und V in das Faktorverfahren der Steuerklasse IV;
  • Erhöhung der Sparer-Pauschbetrags von EUR 801 auf EUR 1.000 (bzw. von EUR 1.602 auf EUR 2.000 bei Zusammenveranlagung) zum 01. Januar 2023;
  • Verlängerung der erweiterten Verlustverrechnung bis 2023 und Ausweitung des Verlustrücktrages auf die zwei unmittelbar vorangegangenen Veranlagungszeiträume;
  • Vermeidung der doppelten Rentenbesteueurung durch Vollabzug der Rentenversicherungsbeiträge als Sonderausgaben ab 2023 sowie Anstieg des steuerpflichtigen Rentenanteils ab 2023 nur noch um 0,5% (Vollbesteuerung der Renten damit erst ab 2060);
  • Einführung einer Investitionsprämie für Klimaschutz und digitale Wirtschaftsgüter durch Abzug eines Anteils der Anschaffungs- und Herstellungskosten im jeweiligen Jahr für den Zeitraum 2022 und 2023 („Superabschreibung“);
  • Auswertung eventuell notwendiger Anpassungen hinsichtlich Optionsmodell sowie Thesaurierungsbesteuerung, um diese praxistauglicher zu machen.

Laut Koalitionsvertrag soll Deutschland zudem eine „Vorreiterrolle“ im Kampf gegen Steuerhinterziehung und aggressive Steuervermeidung einnehmen.
Dieses Ziel soll durch folgende Maßnahmen erreicht werden:

  • Ausweitung der bereits eingeführten Mitteilungspflicht für grenzüberschreitende Steuergestaltungen auch auf nationale Steuergestaltungen von Unternehmen mit einem Umsatz von mehr als EUR 10 Millionen;
  • Einführung eines bundesweit einheitlichen elektronischen Meldesystems für die Erstellung, Prüfung und Weiterleitung von Rechnungen zur besseren Bekämpfung von Umsatzsteuerbetrug, sowie Einsatz für ein endgültiges Mehrwertsteuersystem auf EU-Ebene (z.B. Reverse-Charge);
  • Stärkere Nutzung neuer technischer Möglichkeiten, z.B. Blockchain, um missbräuchliche Dividendenarbitragegeschäfte zu unterbinden, sowie konsequente Rückforderung von erlittenen Steuerschäden;
  • Aktiver Einsatz für mehr globale Steuergerechtigkeit sowie die Einführung einer globalen Mindestbesteuerung;
  • Angemessene Besteuerung von aus Deutschland abfließenden Einkommen durch Ausweitung der Quellensteuer (insbesondere durch Anpassung der Doppelbesteuerungsabkommen) sowie Ergänzung der Zinsschranke durch eine Zinshöhenschranke;
  • Ständige Aktualisierung der Steueroasen-Liste der EU sowie Umsetzung der OECD-Regeln gegen Umgehungsgestaltungen beim internationalen Finanzkonteninformationsaustausch (CRS und FATCA).

Darüber hinaus soll im Bereich der Grunderwerbsteuer den Ländern eine flexible Gestaltung ermöglicht werden, um den Erwerb von selbst genutztem Wohneigentum zu erleichtern (z.B. durch einen Freibetrag). Die Gegenfinanzierung wird hierbei auf das Schließen von steuerlichen Schlupflöchern beim Immobilienerwerb von Konzernen (Share Deals) gestützt.

Insgesamt wir das Wahlversprechen zumindest der FDP gehalten und der Koalitionsvertrag beinhaltet keine allgemeinen Steuererhöhungen und auch die viel diskutierte Einführung einer Vermögensteuer sowie die Verschärfung der Erbschaftsteuer sind bislang nicht Bestandteil der Maßnahmenliste. Eine Legislaturperiode ist aber lang und die Zeiten ändern sich schnell, so dass am Ende nicht ausgeschlossen werden kann, dass (wohl notwendige) Gegenfinanzierungsmaßnahmen auch im Steuerrecht Platz greifen.

Über die weiteren Entwicklungen werden wir Sie selbstverständlich informieren.

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