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Anrechnung von Kapitalertragsteuer bei sog. Cum‑ex‑Geschäften

Von Cum‑ex‑Geschäften spricht man beim Handel von Aktien mit (cum) und ohne (ex) Dividendenberechtigung rund um einen Dividendenstichtag. Bei bestimmter Gestaltung war eine doppelte bzw. mehrfache Anrechnung von (nur einmal erhobener) Kapitalertragsteuer möglich.

Cum‑ex‑Geschäfte funktionieren in der Regel so: Ein Käufer kauft Aktien kurz vor dem Dividendenstichtag (cum Dividende), aber die Aktien werden erst nach dem Dividendenstichtag (ex Dividende) seinem Depot gutgeschrieben. Die dem Verkäufer gutgeschriebene Dividende muss er an den Käufer auszahlen. Das geschieht in Form einer Ausgleichszahlung in Höhe der Dividende. Diese Ausgleichszahlung muss der Käufer nicht versteuern, darf sich aber dennoch die Kapitalertragsteuer anrechnen lassen. Damit hat am Ende nur der Verkäufer die Steuer auf die Dividende bezahlt, die auch bei ihm angerechnet wird. Beide – Verkäufer und Käufer – durften sich folglich die Kapitalertragsteuer anrechnen lassen.

Das Hessische Finanzgericht hat in seinem Urteil (Aktenzeichen 4 K 1684/14) vom 10. Februar 2016 die Anrechnung von Kapitalertragsteuer bei außerbörslichem Erwerb von Aktien vor dem Dividendenstichtag mit (cum) Dividende und verspäteter Belieferung mit Aktien ohne (ex) Dividende nicht zugelassen.

Das Finanzgericht begründete seine Entscheidung damit, dass eine Erhebung der Kapitalertragsteuer nicht bereits mit der Auszahlung der Nettodividende bzw. der Dividendenkompensationszahlung an die Depotbank des Aktienkäufers vorliegt, sondern die Depotbank des Aktienverkäufers den Bruttodividendenbetrag erhalten hat, von dem die Steuer einzubehalten ist. Es obliegt dabei dem Steuerpflichtigen, der die Anrechnung der Kapitalertragsteuer begehrt, die Erhebung der Abzugssteuer nachzuweisen. Eine Kapitalertragssteuerbescheinigung ist dabei lediglich ein Anscheinsbeweis. Dieser wird bei den obengenannten Geschäften regelmäßig erschüttert, sofern keine sogenannte Berufsträgerbescheinigung für die Aktiengeschäfte erteilt wird. Eine solche Berufsträgerbescheinigung ist zu erteilen, wenn nach einer betriebswirtschaftlichen Prüfung durch einen Berufsträger (Steuerberater bzw. Wirtschaftsprüfer) keine Erkenntnisse über Absprachen im Hinblick auf den über den Dividendenstichtag vollzogenen Erwerb der Aktien i. S. d. Steuerbescheinigung sowie entsprechende Leerverkäufe vorlagen.

Das Urteil wurde aufgrund seiner grundsätzlichen Bedeutung auf noch offene Verfahren, die die gleichen Rechtsfragen betreffen, zur Revision zugelassen.

Hinweis: Diese Art von Aktiengeschäften war nur bis zum 31. Dezember 2011 möglich.

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