Bilanzierung von Standard-ERP-Software

In Zeiten der Digitalisierung (Stichwort: Industrie 4.0) gewinnt der Einsatz von ERP-Software auch für mittelständische Unternehmen an Bedeutung. Allerdings birgt deren Einführung sowohl finanzielle und organisatorische Hindernisse und wirft zudem auch bilanzielle Fragen auf. Im Folgenden soll daher ein Überblick über die Bilanzierung von Standard-ERP-Software aufgezeigt werden.

1. Begriffsdefinitionen

Die Abkürzung ERP-Software steht für Enterprise-Resource-Planning. In der Regel besteht eine ERP-Software aus mehreren Modulen wie bspw. Materialwirtschaft, Rechnungswesen, Personal, Vertrieb, Fertigung, die auf eine einheitliche Datenbank zugreifen.

Um die effiziente Nutzung einer Standard-ERP-Software im Unternehmen zu gewährleisten, muss diese in der Regel zunächst an die spezifischen Geschäftsprozesse eines Unternehmens angepasst werden. Dieser Prozess wird als Customizing bezeichnet und ist in der Regel mit hohen Kosten verbunden.

2. Bilanzielle Beurteilung von Standard-ERP-Software

Bei ERP-Software handelt es sich um Anwendungssoftware, die als immaterieller Vermögensgegenstand im Sinne des § 266 Abs. 2 A. I. HGB einzustufen ist.

Der Kauf von Standard-ERP-Software stellt grundsätzlich einen entgeltlichen Erwerb dar, sodass handelsrechtlich und steuerrechtlich Aktivierungspflicht besteht. Die Bewertung erfolgt zu Anschaffungskosten (§§ 253 Abs. 1, 255 Abs. 2 HGB). Neben den Kosten für den Erwerb der Software umfassen die Anschaffungskosten auch die Kosten für Customizing, die der Herstellung eines betriebsbereiten Zustands dienen. Nicht als nachträgliche Anschaffungskosten, sondern als Erhaltungsaufwand sind hingegen Ausgaben für Updates oder Release-Wechsel einzustufen, sofern die Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit bestehender Software im Vordergrund steht. Kosten für Schulungen des Personals, die für eine sinnvolle Nutzung der ERP-Software unabdingbar sind, sind ebenfalls als laufender Aufwand zu behandeln.

Führt der Umfang der Anpassung an die betrieblichen Bedürfnisse zu einer Wesensänderung der Standardsoftware, sodass die hieraus entstehende Software als Individualsoftware einzustufen ist, hängt die bilanzielle Beurteilung davon ab, ob die Modifizierung durch eigene Mitarbeiter bzw. auf Basis eines Dienstvertrags (Herstellungsvorgang) oder auf Basis eines Werkvertrags (Anschaffungsvorgang) erfolgt. Bei Einstufung als Herstellungsvorgang liegt ein selbst geschaffener immaterieller Vermögensgegenstand vor, für den in der Handelsbilanz nach § 248 Abs. 2 HGB ein Aktivierungswahlrecht gilt. In der Steuerbilanz besteht für selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände hingegen ein Aktivierungsverbot (§ 5 Abs. 2 EStG). Bei Ausübung des handelsrechtlichen Wahlrechts erfolgt die Bewertung zu Herstellungskosten (§§ 253 Abs. 1, 255 Abs. 2 HGB).

Da es sich bei ERP-Software um einen abnutzbaren Vermögensgegenstand handelt, erfolgt die Bewertung zum Abschlussstichtag unter Berücksichtigung planmäßiger Abschreibungen (§ 253 Abs. 3 S. 1 HGB). Bei der vorsichtigen Schätzung der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer ist eine mögliche wirtschaftliche Entwertung durch eine hohe Innovationsgeschwindigkeit in diesem Bereich zu berücksichtigen.

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