BMF-Schreiben zum Nullsteuersatz bei Photovoltaikanlagen

Mit Wirkung zum 1. Januar 2023 wurde durch das JStG 2022 in § 12 Abs. 3 UStG ein Umsatzsteuersatz von 0% (Nullsteuersatz) für die Lieferung, die Einfuhr, den innergemeinschaftlichen Erwerb und die Installation von Photovoltaikanlagen (PV-Anlagen) sowie deren wesentliche Komponenten eingeführt. Die Anwendung des Nullsteuersatzes ist jedoch an zahleiche Voraussetzungen geknüpft. Das BMF hat mit Schreiben vom 27. Februar 2023 nunmehr umfassend Stellung zu den einzelnen Voraussetzungen genommen.

Begünstigte Anlagen

Der Nullsteuersatz gilt für die Lieferung von

  • netzgebundenen PV-Anlagen
  • nicht-netzgebundenen stationären Anlagen (sog. Inselanlagen)
  • stationären Solarmodulen, die neben der Stromerzeugung weitere unbedeutende Nebenzwecke erfüllen z. B. Solartische
  • sog. Hybridmodule, die sowohl Strom als auch Wärme produzieren
  • Batterien und Speichern, wenn diese im konkreten Anwendungsfall dazu bestimmt sind, Strom aus begünstigten Solarmodulen zu speichern
  • wesentlichen Komponenten, d.h. von Gegenständen, deren Verwendungszweck speziell im Betrieb oder der Installation von Photovoltaikanlagen liegt oder die zur Erfüllung technischer Normen notwendig sind, insbes. Wechselrichter, Dachhalterung, Einspeisesteckdose (sog. Wieland-Steckdose), etc.

Ebenfalls begünstigt sind Nebenleistungen zur Lieferung einer begünstigten PV-Anlage, insbesondere die Anmeldung in das MaStR (=Marktstammdatenregister), die Bereitstellung von Software zur Steuerung und Überwachung der Anlage, die Montage der Solarmodule, etc.

Die Vermietung von PV-Anlagen unterliegt nicht dem Nullsteuersatz. Bei Mietkauf oder Leasingverträgen kommt der Nullsteuersatz in Betracht, sofern es sich – je nach konkreter Ausgestaltung – um eine umsatzsteuerliche Lieferung handelt.

Betreiber einer PV-Anlage

Betreiber der Photovoltaikanlage ist derjenige, der dem Grunde nach zum Leistungszeitpunkt als Betreiber der jeweiligen Anlage im MaStR registrierungspflichtig ist oder voraussichtlich registrierungspflichtig wird; auf die tatsächliche Registrierung kommt es jedoch nicht an. Besteht keine Registrierungspflicht, ist aus Vereinfachungsgründen davon auszugehen, dass der Leistungsempfänger Betreiber der Photovoltaikanlage ist. Die vorausgehenden Lieferungen, beispielsweise an Zwischenhändler, unterliegen jedoch dem Regelsteuersatz.

Belegenheitsvoraussetzungen

Die Anwendung des Nullsteuersatzes setzt eine Installation der Solarmodule, Speicher oder wesentlichen Komponenten auf oder in der Nähe von Privatwohnungen, Wohnungen oder öffentlichen und anderen Gebäuden, die für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt werden, voraus. Wohnung bzw. Privatwohnung ist jeder umschlossene Raum, der zum Wohnen oder Schlafen benutzt wird. In der Nähe der genannten Wohnungen/ Gebäude befindet sich eine Photovoltaikanlage insbesondere, wenn sie auf dem Grundstück installiert ist, auf dem sich auch die betreffende Wohnung bzw. das betreffende begünstigte Gebäude befindet (z. B. Garage, Gartenschuppen, Zaun). Ausreichend ist auch ein räumlicher oder funktionaler Nutzungszusammenhang zwischen dem Grundstück und der Photovoltaikanlage (z. B. einheitlicher Gebäudekomplex oder einheitliches Areal).
Bei Gebäuden, die sowohl für begünstigte als auch nicht begünstigte Zwecke verwendet werden (z. B. teilweise zu Wohnzwecken und teilweise zu gewerblichen Zwecken), ist grundsätzlich von einem begünstigten Gebäude auszugehen. Dies gilt jedoch nicht, wenn die auf die unschädliche Nutzung entfallenden Nutzflächenanteile weniger als 10% der Gesamtgebäudenutzfläche ausmachen.

Nachweise

Der leistende Unternehmer muss die Voraussetzungen des Nullsteuersatzes nachweisen.

Ausreichend ist, wenn der Erwerber erklärt,

  • dass er Betreiber der Photovoltaikanlage ist und
  • es sich um ein begünstigtes Gebäude handelt.

Eine Erklärung des Erwerbers über das Vorliegen der Voraussetzungen kann auch im Rahmen vertraglicher Vereinbarung (z. B. AGB) erfolgen. Dies gilt für nachträgliche Lieferungen von Speichern, wesentlichen Komponenten und Ersatzteilen.

Dabei geltend die folgenden Vereinfachungen:

  • Vom Vorliegen der (beiden) Voraussetzungen ist auszugehen, wenn die Leistung der Photovoltaikanlagen nicht mehr als 600 Watt beträgt. In diesem Fall muss keine Erklärung des Erwerbers eingeholt werden. (Diese Vereinfachung gilt nicht für Lieferungen durch Hersteller von Photovoltaikanlagen und Lieferungen im Großhandel.)
  • Von einem begünstigten Gebäude kann ausgegangen werden, wenn die installierte Bruttoleistung der Photovoltaikanlage laut MaStR nicht mehr als 30 kW (peak) beträgt oder betragen wird. Besteht keine Registrierungspflicht im MaStR, ist diese Vereinfachungsregelung nicht anwendbar, d.h. dann muss eine Erklärung des Erwerbers eingeholt werden.

Die 30 kW-Grenze ist einheitenbezogen zu prüfen. Bei einer nachträglichen Erweiterung einer Photovoltaikanlage sind die Leistungen der bestehenden Einheit und der Erweiterung zugrunde zu legen. Wird die 30 kW-Grenze durch die Erweiterung überschritten, ist die Vereinfachungsregelung auf den nachträglich ergänzten Teil nicht anwendbar; für die bestehende Einheit führt dies jedoch nicht zur nachträglichen Nichtanwendbarkeit der Vereinfachungsregelung.

Auswirkung für die Praxis

Das umfangreiche BMF-Schreiben schafft Rechtssicherheit in Bezug auf die einzelnen Voraussetzungen der Anwendung des Nullsteuersatzes. Insbesondere die eingeführten Vereinfachungen dürften den bürokratischen Aufwand minimieren. Sofern der Erwerber sich für eine „Paketlösung“, die neben der Lieferung einer (begünstigten) PV-Anlage auch die Installation inkl. der Dacharbeiten, Bodenarbeiten, Erweiterung Zählerschrank etc. entscheidet, unterliegen sämtliche erbrachten Arbeiten als Nebenleistungen dem Nullsteuersatz. Werden jedoch einzelne Leistungen in Eigenregie oder durch andere Unternehmer (als den Lieferanten der PV-Anlage) erbracht, muss im Einzelfall geprüft werden, ob diese ebenfalls in den Genuss des Nullsteuersatzes kommen.

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