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BMF-Schreiben zur ertragsteuerlichen Behandlung von Genussrechtskapital

Das Genussrechtskapital kann für Unternehmen eine interessante Alternative zur klassischen Fremdfinanzierung sein. Zum einen sind Genussrechte flexibler bei der zivilrechtlichen Ausgestaltung (so können Rückzahlungs- und Vergütungsmodalitäten an die individuellen Bedürfnisse des Unternehmens angepasst werden). Zum anderen kann das Genussrechtskapital unter bestimmten Bedingungen in der Handelsbilanz als Eigenkapital ausgewiesen werden (vgl. IDW HFA 1/1994) und dadurch die Eigenkapitalquote gesteigert werden. Aus steuerlicher Sicht bestand die Zielsetzung regelmäßig darin - abweichend von der handelsrechtlichen Sichtweise - einen steuerbilanziellen Ausweis als Fremdkapital und damit die Abzugsfähigkeit der Zahlungen auf das Genussrechtskapital zu erreichen.

Nachdem die diesbezüglichen steuerlichen Fragestellungen in der Vergangenheit nur punktuell durch höchstrichterliche Rechtsprechung und Verwaltungsanweisungen geklärt wurden, hat das BMF nun in einem Schreiben zur ertragsteuerlichen Behandlung von Genussrechtskapital vom 11. April 2023 umfassend Stellung genommen. Das Schreiben beschäftigt sich insbesondere mit (i) der Abgrenzung von Genussrechtskapital zu anderen Kapitalüberlassungen (z.B. stille Beteiligung, partiarisches Darlehen), (ii) der steuerbilanziellen Behandlung von Genussrechtskapital als Fremd- oder Eigenkapital und (iii) dem Betriebsausgabenabzug von Zahlungen auf Genussrechtskapital.

Für die grundsätzlich bevorzugte Behandlung von Genussrechtskapital als Fremdkapital in der Steuerbilanz setzt das BMF als entscheidendes Kriterium eine Rückzahlungsverpflichtung voraus. Vor allem bei Gestaltungen mit fremden Dritten kann dadurch regelmäßig ohne weitere Prüfung von Fremdkapital ausgegangen werden. Im Übrigen kann die steuerbilanzielle Beurteilung (wie bisher) auch unabhängig von der Handelsbilanz erfolgen. Ergänzend weist das BMF darauf hin, dass Wandlungs- und Optionsrechte keine Auswirkung auf die Einordnung als Fremdkapital haben.

Zahlungen auf Genussrechtskapital, das steuerlich als Fremdkapital einzuordnen ist, sind grundsätzlich als Betriebsausgaben abzugsfähig. Nur sofern mit Genussrechten die Beteiligung am Gewinn und am Liquidationserlös verbunden ist, sind die Zahlungen gemäß § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG nicht abzugsfähig und daher außerbilanziell hinzuzurechnen. Eine Beteiligung am Gewinn liegt nach Ansicht des BMF dann vor, sobald die Vergütung an gewinnorientierten Kennzahlen bemessen wird (z.B. EBIT, Jahresüberschuss, ausschüttbarer Gewinn). Bei der Beteiligung am Liquidationserlös ist es erforderlich, dass der Genussrechtsinhaber an den stillen Reserven beteiligt ist.

Das BMF-Schreiben löst hier nicht alle Fragestellungen und weicht teilweise auch von der Literaturansicht ab, so dass die Frage, wann im Einzelfall eine Beteiligung am Liquidationserlös im Sinne des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG vorliegt, nicht immer abschließend geklärt werden kann. Dennoch trägt das BMF-Schreiben insgesamt zu einer höheren Rechtssicherheit bei der Gestaltung mit Genussrechtskapital bei. Zu begrüßen ist auch, dass eine sog. hybride Gestaltung, bei der das Genussrechtskapital in der Handelsbilanz als Eigenkapital und in der Steuerbilanz als Fremdkapital eingeordnet wird, weiterhin möglich ist.

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