BMF setzt Rechtsprechung zur Erweiterung des 90% Einstiegstests um
In seiner Entscheidung vom 13. September 2023 (II R 49/21) urteilte der BFH, dass aus systematischen und verfassungsrechtlichen Gründen – und entgegen dem Gesetzeswortlaut und der Auffassung der Finanzverwaltung – auch beim 90% Einstiegstest im Rahmen der Erbschaft- und Schenkungsteuer eine Schuldenverrechnung durchzuführen ist (vgl. hierzu unsere Mandanteninformation vom 8. Februar 2024). Dies erweitert den Anwendungsbereich der erbschaftsteuerlichen Verschonungsregelungen deutlich.
Mit gleichlautendem Ländererlass vom 19. Juni 2024 übernimmt das Bundesfinanzministerium die positive BFH-Rechtsprechung zum Einstiegstest, auch für alle noch verfahrensrechtlich offenen Fälle. Bei Schenkung und Erbfall von begünstigungsfähigem Betriebsvermögen jedweder Rechtsform und jedweder Branche werden nun Schulden beim Einstiegstest abgezogen, wenn der Hauptzweck des Unternehmens einer land- und forstwirtschaftlichen, gewerblichen oder freiberuflichen Tätigkeit dient. Damit bleibt es (nur) bei vermögensverwaltenden Gesellschaften bei der Nichtberücksichtigung von Schulden beim Einstiegstest. Dies führt jedoch zu neuen Abgrenzungsfragen z. B. bei Holding-Gesellschaften. Streitig ist leider die neue Rechenformel für den Einstiegstest mit Schuldenabzug, denn BFH, Schrifttum und Finanzverwaltung vertreten hier verschiedene Auffassungen, insbesondere, ob der Sockelbetrag zu berücksichtigen ist.