Brexit und Umsatzsteuer

Zum 31. Januar 2020 hat das Vereinte Königreich (UK) die Europäische Union (EU) verlassen und ist damit kein Mitgliedstaat der EU mehr. Die daraus resultierenden steuerlichen Folgen werden insbesondere im Bereich der Umsatzsteuer weitreichende Änderungen und Anpassungsbedarf mit sich bringen.

Aktuelle Entwicklungen / Übergangsphase

Aufgrund der im Austrittsabkommen vereinbarten Übergangsfrist wird UK zunächst bis zum 31. Dezember 2020 „wie“ ein EU-Mitgliedstaat behandelt, d.h. die bisherigen umsatzsteuerlichen Regelungen sind weiterhin anzuwenden. Die EU sowie UK haben bis dahin Zeit, die rechtlichen Beziehungen für die Zeit nach dem Ablauf der Übergangszeit zu regeln, wobei die Frist einmalig um ein oder zwei Jahre verlängert werden kann. Die Option zur Verlängerung muss bis zum 30. Juni 2020 ausgeübt werden, folglich ist spätestens am 01. Juli 2020 bekannt, ob die Übergangsphase über den 31. Dezember 2020 hinaus gelten wird.

Bei Ablauf der Übergangsphase ohne Verlängerung und ohne den Abschluss eines Abkommens (Harter Brexit oder No-Deal Brexit) wird UK automatisch den Status eines Drittstaates im Verhältnis zur EU haben. Auch bei einem geregelten Brexit d.h. mit einem Folgeabkommen wir UK auf den Status eines Drittlandes zurückfallen. Die Frage, wie das Freihandelsabkommen ausgestaltet wird, wird jedoch Auswirkungen auf die zollrechtlichen Regelungen haben, beispielsweise die Frage, ob beim Handel zwischen der EU und UK Zölle und andere Abgaben anfallen und ob bestimmte zollrechtliche Vereinfachungsregelungen angewandt werden können.

Umsatzsteuerliche Folgen

Dass in Zukunft zahleiche Änderungen im Bereich der Umsatzsteuer beim Handel mit UK erfolgen werden, ist sicher. Derzeit fraglich ist nur, wann UK tatsächlich auch wie ein Drittland zu behandeln sein wird.

Insbesondere wird der Brexit die folgenden Sachverhalte betreffen:

Warenverkehr zwischen Deutschland und UK

Warenlieferungen zwischen UK und der EU werden nicht mehr als (steuerfreie) innergemeinschaftliche Lieferungen nach § 6a UStG, sondern als Ausfuhrlieferungen nach § 6 UStG qualifiziert werden. Auch Ausfuhrlieferungen sind von der Umsatzsteuer befreit, allerdings ist der Nachweis für die Steuerbefreiung nicht mehr mittels einer Gelangensbestätigung, eines Frachtbriefes, einer Spediteurbescheinigung oder eines anderen Dokuments nach Vorgabe der §§ 17a ff. UStDV, sondern durch den von Zollbehörden ausgestellten Ausgangsvermerk nach § 9 UStDV zu führen.

Ebenfalls nicht anwendbar werden

  • die Regelungen über das innergemeinschaftliche Verbringen (§ 3 Abs. 1a UStG),

  • die Konsignationslagerregelung (§ 6b UStG),

  • die Regelung zu den innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäften (§ 25b UStG) sowie

  • die Versandhandelsregelung (§ 3c UStG).

Für den Warenverkehr mit UK werden künftig Zollformalitäten zu beachten sein, deren genauer Umfang vom Inhalt des möglichen Freihandelsabkommens abhängt.

Dienstleistungen zwischen Deutschland und UK

Bei der umsatzsteuerlichen Beurteilung der Dienstleistungen zwischen Unternehmern verbleibt es bei dem Grundsatz des Empfängerortprinzips (§ 3a Abs. 2 UStG), d.h. für Dienstleistungen deutscher Unternehmer an einen Unternehmer mit Sitz in UK entsteht Umsatzsteuer in UK. Offen bleibt, ob UK weiterhin das Reverse Charge-Verfahren beibehält und damit die Umsatzsteuer vom Leistungsempfänger geschuldet oder eine umsatzsteuerliche Registrierung in UK notwendig wird. In jedem Fall werden andere Nachweise für die Unternehmereigenschaft notwendig sein, denn die UStID-Nummern aus UK werden nach Ablauf der Übergangsphase ihre Gültigkeit verlieren.

Zu Änderungen bei der Umsatzbesteuerung wird es auch bei Dienstleistungen an Nichtunternehmer kommen. Das Umsatzsteuerrecht sieht bei bestimmten Leistungen an Privatpersonen im Drittland eine Steuerbarkeit am Wohnsitz des Leistungsempfängers vor. Dies betrifft u.a. die Tätigkeit von Rechtsanwälten, Steuerberatern, Wirtschaftsprüfern, Ingenieuren, Sachverständigen, ebenso wie die Übertragung und Einräumung von Rechten und Vermietung von beweglichen Sachen. In diesen Fällen wird es künftig zu einer Umsatzbesteuerung in UK und damit zu einer Registrierungspflicht kommen.

Handlungsbedarf

Die Übergangsfrist räumt den Unternehmern lediglich eine Schonfrist ein, denn die oben dargestellten umsatzsteuerlichen Folgen werden eintreten. Ungewiss ist derzeit lediglich der Zeitpunkt.

Unternehmer, die Geschäftsbeziehungen mit UK unterhalten, sollten frühzeitig prüfen, ob sie von den Änderungen betroffen sind. Denn einhergehend mit der umsatzsteuerlichen Umqualifizierung von UK zu einem Drittland werden Änderungen der steuerlichen Prozesse (u.a. Änderungen der Belegnachweise, der Rechnungsstellung) sowie der Deklarationspflichten (ZM / Intrastat) bis hin zu zollrechtlichen Registrierungen notwendig sein.

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