Gesetz zur Förderung des Mietwohnungsneubaus verabschiedet
Mit größerer Verzögerung hat der Bundesrat auf erneuten Antrag Bayerns vor einigen Tagen dem Gesetz zur steuerlichen Förderung des Mietwohnungsneubaus (BT-Drs. 607/18) zugestimmt. Die Regelungen sehen im Wesentlichen eine Erhöhung der prozentualen Abschreibung in den ersten Jahren nach der Anschaffung vor, soweit bestimmte Kriterien erfüllt werden. Nachfolgend möchten wir Ihnen die Neuregelung im Detail vorstellen (künftig: § 7b EStG). Ziel der Regelung ist es, den Neubau von Mietwohnungen im mittleren und niedrigen Preissegment zu fördern.
1. Sonderabschreibung
Kern der Regelung ist eine steuerliche Sonderabschreibung im Jahr der Anschaffung und den drei darauffolgenden Jahren i.H.v. 5 % pro Jahr. Die Sonderabschreibung kann neben der allgemeinen Abschreibung von 2 % pro Jahr nach § 7 Abs. 4 EStG in Anspruch genommen werden. Damit kann der Steuerpflichtige in den ersten vier Jahren 28 % des AfA-Volumens geltend machen. Für die weitere Nutzungsdauer des Gebäudes (46 Jahre nach Ablauf der Sonderabschreibung) reduziert sich der anwendbare AfA-Satz entsprechend (dann ca. 1,6 % pro Jahr).
2. Voraussetzungen
Erfordernis einer neuen Wohnung
Für die Anwendung der Neuregelung hat der Steuerpflichtige erhebliche Dokumentations- und Nachweispflichten zu erfüllen. Zunächst muss es sich bei den angeschafften oder hergestellten Mietwohnungen um neuen Wohnraum handeln. Die Renovierung von Altbestand wird ausdrücklich nicht erfasst. Lediglich die Erweiterung (dann anteilige Förderung) oder der komplette Neubau sind begünstigt. Werden Wohnungen nicht selbst hergestellt, sondern entgeltlich erworben, muss deren Anschaffung im Jahr der Fertigstellung bis spätestens 31.Dezember erfolgen; ansonsten ist eine Begünstigung ausgeschlossen.
Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten dürfen bestimmte Grenzen nicht übersteigen
Die Anschaffungs- und Herstellungskosten des Gebäudeanteils dürfen 3.000 €/m² nicht übersteigen. Dabei handelt es sich um eine Freigrenze. Insbesondere in Ballungsgebieten ist fraglich, ob diese Obergrenze in der Realität überhaupt eingehalten werden kann. Die Begünstigung ist dann vollständig ausgeschlossen.
Die tatsächliche Obergrenze für die Bemessungsgrundlage der AfA beträgt geringere 2.000 €/m². Bei Kosten von bspw. 2.500 €/m² kann dementsprechend nur die anteilige AfA auf 2.000 €/m² über die Sonderabschreibung begünstigt werden. Liegen die tatsächlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten unterhalb dieses Betrags, sind stattdessen diese tatsächlichen Kosten als Bemessungsgrundlage heranzuziehen. Neben den zahlreichen praktischen Problemen bei der Ermittlung der Anschaffungs- und Herstellungskosten ist zu beachten, dass auch nachträgliche Kosten bei der Ermittlung zu berücksichtigen sind. Werden also zeitnah nach Fertigstellung weitere Aufwendungen getätigt, die als nachträgliche Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten zu berücksichtigen sind, droht ein rückwirkender Entfall der Begünstigung, sofern dadurch die Grenze von 3.000 €/m² überschritten wird.
Nur entgeltliche Vermietung ist begünstigt
Neben der o. g. Kostengrenze muss der Steuerpflichtige für einen Zeitraum von zehn Jahren den Nachweis über die entgeltliche Vermietung der Wohnung führen. Dabei ist der Leerstand ebenso wenig begünstigt, wie eine unentgeltliche Nutzungsüberlassung oder die Nutzung als eigene Wohnung bzw. deren betriebliche Nutzung. Auch die kurzfristige Vermietung an wechselnde Gäste (z. B. als Ferienwohnung) ist nicht begünstigt. Die von einzelnen Bundesländern geforderte Kopplung der Begünstigung an ein vergünstigtes Mietentgelt findet sich dagegen nicht im Gesetz wider. Veräußert der Steuerpflichtige die Wohnung vor Ablauf der Zehn-Jahres-Frist, muss er den Nachweis führen, dass die Wohnung vom Erwerber weiterhin entgeltlich vermietet wird.
Veräußerung muss steuerpflichtig sein
Für die Sonderabschreibung ist bei einem Verkauf vor Ablauf der Frist für die zehnjährige entgeltliche Vermietung erforderlich, dass ein etwaiger Veräußerungsgewinn der Einkommen- oder Körperschaftsteuer unterliegt. Ist dies nicht der Fall, entfällt die Gewährung der Sonderabschreibung rückwirkend, selbst wenn der Erwerber die entgeltliche Vermietung unverändert fortführt.
Befinden sich das Grundstück bzw. die Wohnungsneubauten in einem Betriebsvermögen, unterliegt ein etwaiger Veräußerungsgewinn stets der Versteuerung und die Voraussetzungen sind erfüllt. Bei Grundstücken im steuerlichen Privatvermögen ist eine Veräußerung dagegen nach Ablauf von zehn Jahren steuerfrei. Bei durchgehender Fremdvermietung ist eine solche steuerfreie Veräußerung auch unschädlich für die gewährte Sonderabschreibung. Vorsicht ist aber geboten, falls ein bereits früher erworbenes unbebautes Grundstück unter Nutzung der Förderung bebaut werden soll. Nach § 23 Abs. 1 EStG ist die Veräußerung eines solchen Grundstücks nach zehn Jahren steuerfrei („Spekulationsfrist“), auch wenn erst zeitlich nachgelagert eine Bebauung erfolgt. Zu diesen Zeitpunkt ist aber ggf. die Frist für die zehnjährige Vermietung noch nicht abgelaufen, so dass die Veräußerung zum rückwirkenden Wegfall der Sonderabschreibung führt.
Verfahrensrechtliche Aspekte
Die Sonderabschreibung wird nur für einen Übergangszeitraum gewährt. Soweit ein Bauantrag oder eine Genehmigung notwendig ist, muss diese zwischen dem 31. August 2018 und dem 01. Januar 2022 gestellt werden.
Unabhängig von der vorgenannten Frist, ist die Vorschrift letztmalig im Veranlagungszeitraum 2026 anwendbar. Dies gilt auch für Mietwohnungsneubauten, bei denen die vierjährige Phase der Sonderabschreibung noch nicht abgelaufen ist! Um die volle Begünstigung nutzen zu können, muss die Anschaffung bzw. Fertigstellung der Mietwohnungsneubauten daher spätestens zum Ende des Veranlagungszeitraums 2023 erfolgen.
Der Steuerpflichtige muss darüber hinaus einen weiteren verfahrensrechtlichen Kniff des Gesetzgebers beachten. Entfällt aufgrund eines Verstoßes gegen die Voraussetzungen (z. B. steuerfreie Veräußerung) die Vergünstigung, liegt ein sogenanntes rückwirkendes Ereignis vor. Das bedeutet, die Vergünstigung entfällt für sämtliche Zeiträume der Inanspruchnahme. Noch schmerzhafter ist, dass diese rückwirkende Änderung durch den Ausschluss von § 233a Abs. 2a EStG auch voll in die Verzinsung läuft. Neben der Steuernachzahlung ist das Entfallen der Vergünstigung damit u.U. auch mit erheblichen Nachzahlungszinsen verbunden.
3. Fazit
Die Inanspruchnahme der Sonderabschreibung kann für den Steuerpflichtigen durch den Stundungseffekt zu steuerlichen Vorteilen führen. Aufgrund einer Vielzahl von Fallstricken und dem damit verbundenen rückwirkenden Entfallen der Begünstigung – insbesondere auch wegen der damit verbundenen Nachzahlungszinsen – ist jedoch stets im Einzelfall vorausschauend zu prüfen, ob die Inanspruchnahme der Sonderabschreibung tatsächlich sinnvoll ist.
Gerne stehen wir Ihnen hier für weitere Informationen zur Verfügung.