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Gestaltungsmissbrauch bei Einlage und anschließender Darlehenstilgung

Eine Einlage in die Kapitalrücklage mit anschließender Tilgung von Verbindlichkeiten gegenüber dem Alleingesellschafter statt eines Forderungsverzichts durch den Alleingesellschafter kann einen Gestaltungsmissbrauch darstellen. Dies entschied das Finanzgericht Düsseldorf mit Urteil vom 22. Dezember 2021 (Aktenzeichen 7 K 101/18 K,G,F).

Klägerin war eine überschuldete Tochter-Kapitalgesellschaft, die Verbindlichkeiten gegenüber ihrer Muttergesellschaft hatte. Diese resultierten sowohl aus Darlehen als auch aus konzerninternen Verrechnungen aus einem konzernweiten sog. Intercompany Accounting System inkl. Cash-Pooling. Über das Intercompany Accounting System leistete die Muttergesellschaft eine Einlage in die Kapitalrücklage ihrer Tochtergesellschaft. Am gleichen Tag erfolgte eine Ausbuchung der Verbindlichkeiten der Tochtergesellschaft gegenüber der Muttergesellschaft in Höhe der Einzahlung in die Kapitalrücklage.

Das Finanzamt argumentierte, dies stelle einen Gestaltungsmissbrauch i.S.d. § 42 Abs. 2 AO dar. Die getätigten Buchungen stünden wirtschaftlich einem Forderungsverzicht gleich. Daher sei der Vorgang auch wie ein Forderungsverzicht zu behandeln und die Einlage sei steuerlich nur im Umfang des werthaltigen Teils als steuerneutrale Einlage zu behandeln und im Übrigen (d.h. im Umfang des wertlosen Anteils) bei der Tochtergesellschaft als Ertrag zu versteuern.

Dieser Argumentation folgte auch das Finanzgericht Düsseldorf: Die angemessene Gestaltung für die Beendigung der Überschuldung der Tochtergesellschaft sei ein Forderungsverzicht gewesen. Die stattdessen durchgeführte Gestaltung sei nur gewählt worden, um die steuerlichen Folgen eines Verzichts auf den nicht werthaltigen Teil der Forderungen zu vermeiden. Außersteuerliche Gründe für die gewählte Gestaltung lägen nicht vor. Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass der Vorgang vorliegend allein buchhalterisch abgebildet wurde, d.h. es sind keine tatsächlichen Zahlungen zwischen Gesellschaft und Gesellschafter geflossen.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig; es bleibt abzuwarten, ob der BFH im Revisionsverfahren (unter dem Aktenzeichen I R 11/22) der Argumentation des FG vollumfänglich beipflichtet.

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