Grundstückswertermittlung bei Vorliegen eines zeitnahen Kaufpreises - kein Vorteil bei mittelbarer Grundstücksschenkung

Mit Urteil vom 24. August 2022 (II R 14/20) hat der BFH klargestellt, dass für die Bewertung von Ein- und Zweifamilienhäusern sowie Eigentumswohnungen für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer zwingend vorrangig das Vergleichswertverfahren (§ 183 Abs. 1 BewG) anzuwenden ist. Und zwar auch dann, wenn für das zu bewertende Grundstück keine vom Gutachterausschuss ermittelten Vergleichspreise vorliegen, aber ein tatsächlicher Kaufpreis zeitnah zum Bewertungsstichtag vorliegt. Das Sachwertverfahren ist nur nachrangig zu verwenden.

Dem konkreten Urteilsfall lag eine sog. mittelbare Grundstücksschenkung zugrunde, indem der Vater (Kläger) seiner Tochter einen Geldbetrag in Höhe von EUR 920.000 zuwendete mit der Auflage, hiervon ein konkret bestimmtes, mit einem Einfamilienhaus bebautes Grundstück zu erwerben.

Für Zwecke der Schenkungsteuer ermittelte der Schenker einen Grundbesitzwert im Sachwertverfahren in Höhe von EUR 518.403. Vergleichspreise für vergleichbare Grundstücke oder Vergleichsfaktoren für das zu bewertende Grundstück seitens des Gutachterausschusses lagen nicht vor.

Das zuständige Finanzamt ermittelte den Grundbesitzwert im Wege des Vergleichswertverfahrens. Hierfür bezog es sich auf den tatsächlich gezahlten Kaufpreis für das zu bewertenden Grundstück über EUR 920.000.

Der BFH bestätigte mit Urteil vom 24. August 2022, dass die Bewertung von Ein- und Zweifamilienhäusern grundsätzlich im Vergleichswertverfahren zu erfolgen hat. Hierfür ist primär ein vom Gutachterausschuss ermittelter Vergleichspreis (ggf. unter Berücksichtigung von Vergleichsfaktoren) heranzuziehen. Liegt ein solcher nicht vor, aber existiert ein zeitnah zum Bewertungsstichtag vereinbarter Kaufpreis für das zu bewertende Grundstück, ist dieser Wert zwingend der Grundbesitzwertermittlung zugrunde zu legen.

Fazit

Sofern bislang die Hoffnung bestanden hatte, eine sog. mittelbare Grundstücksschenkung zu erreichen, in dem anstatt dem Nominalbetrag der zugewendeten Geldmittel der vielfach günstigere erbschaftsteuerliche Wert der erworbenen Immobilie anzusetzen ist, hat diese der BFH mit der vorliegenden Entscheidung zunichte gemacht. Eine mittelbare Grundstücksschenkung bietet damit in der Regel keine schenkungsteuerlichen Vorteile im Vergleich zur unmittelbaren Zuwendung des Geldbetrags.

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