Kaufpreisaufteilung bei Grundstücken: BFH erteilt der BMF-Arbeitshilfe eine klare Absage

Käufer einer Immobilie, die diese zu Zwecken der Einkünfteerzielung erwerben, können den Teil des Kaufpreises, der auf das Gebäude entfällt, über die Jahre als Absetzungen für Abnutzung (AfA) steuerlich geltend machen. Der Teil des Kaufpreises, der auf das Grundstück entfällt, wirkt sich steuerlich (wenn überhaupt) erst bei der Veräußerung der Immobilie (den Veräußerungsgewinn mindernd) aus. Folglich haben Erwerber einer Immobilie regelmäßig ein großes Interesse daran, dass ein möglichst großer Anteil des Gesamtkaufpreises der Immobilie auf das Gebäude und ein möglichst geringer Anteil auf das Grundstück entfällt.

Wird eine Aufteilung des Kaufpreises auf Gebäude und Grundstück bereits im notariellen Kaufvertrag vorgenommen, kann sie auch für steuerliche Zwecke herangezogen werden, wenn sie „nicht nur zum Schein getroffen wurde und keinen Gestaltungsmissbrauch darstellt“ (BFH v. 16.9.2015, IX R 12/14, BStBl. II 2016, S. 397). Andernfalls hat die Kaufpreisaufteilung im Schätzwege zu erfolgen.

Zur schätzungsweisen Aufteilung des Gesamtkaufpreises einer Immobilie auf Gebäude und Grundstück stellt das BMF seit 2014 im Internet eine “Arbeitshilfe zur Aufteilung eines Gesamtkaufpreises für ein bebautes Grundstück (Kaufpreisaufteilung)” in Form einer Excel-Datei zur Verfügung, auf die Finanzämter - nicht zuletzt in Betriebsprüfungen - gern zurückgreifen.

Zu dieser Arbeitshilfe hat der BFH mit Urteil vom 21. Juli 2020 (Aktenzeichen IX R 26/19) entschieden: Finanzgerichte dürfen eine vertragliche Kaufpreisaufteilung auf Gebäude und Grundstück, die die realen Verhältnisse in grundsätzlicher Weise verfehlt und wirtschaftlich nicht haltbar erscheint, nicht durch eine nach Maßgabe der Arbeitshilfe des BMF ermittelte Aufteilung ersetzen.

Der BFH kritisierte, dass die Arbeitshilfe die Auswahl der zur Verfügung stehenden Bewertungsverfahren auf das (vereinfachte) Sachwertverfahren verenge. Zudem berücksichtige die Arbeitshilfe nicht den gerade in Großstädten relevanten Orts- oder Regionalisierungsfaktor bei der Ermittlung des Gebäudewerts. Aus diesen Gründen müssten die Finanzgerichte im Fall einer streitigen Kaufpreisaufteilung stattdessen das Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für die Bewertung von Grundstücken einholen.

Praxishinweis:
Eine Reaktion der Finanzverwaltung auf das Urteil steh noch aus. Nichtsdestotrotz reduziert sich aber durch das BFH-Urteil die Bedeutung der Arbeitshilfe des BMF: Während in der Vergangenheit seitens der Finanzverwaltung (regelmäßig auch in Betriebsprüfungen) die Anwendung der Arbeitshilfe gefordert wurde und Steuerpflichtige und Berater dem oftmals wenig entgegenzusetzen hatten, liegt nun ein Urteil vor, auf welches sich diese in einem möglichen Finanzgerichts-Prozess berufen können. Dies stärkt die Position des Steuerpflichtigen bereits in der Betriebsprüfung. Jedoch bleibt es trotzdem empfehlenswert, bereits im Kaufvertrag eine nachvollziehbare Aufteilung des Kaufpreises auf Gebäude und Grundstück zu vereinbaren.

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