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Kein privates Veräußerungsgeschäft in Bezug auf häusliches Arbeitszimmer

Mit Urteil vom 1. März 2021 hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass ein Gewinn aus dem Verkauf von selbstgenutztem Wohneigentum innerhalb der zehnjährigen Haltefrist in vollem Umfang von der Besteuerung ausgenommen ist, auch wenn Teile der Wohnung auf ein zur Erzielung von Überschusseinkünften genutztes häusliches Arbeitszimmer entfällt.

Hintergrund:

Nach § 22 Nr. 2 EStG zählen zu den sonstigen Einkünften auch Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften i. S. des § 23 EStG. Dazu gehören gem. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG auch realisierte Wertsteigerungen von im Privatvermögen gehaltenen Grundstücken und Gebäuden, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zehn Jahre beträgt. Ausgenommen sind Wirtschaftsgüter, die im Zeitraum zwischen Anschaffung oder Fertigstellung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken oder im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurden (§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG).

Grundsätzlich ist damit ein Gewinn aus der Veräußerung einer zu eigenen Wohnzwecken genutzten Eigentumswohnung gem. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG von der Besteuerung ausgenommen.

Sachverhalt:

Der BFH hatte zu entscheiden, ob ein Gewinn aus der Veräußerung einer Eigentumswohnung als sonstige Einkünfte i.S.d. § 22 Nr. 2 i.V.m. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG zu berücksichtigen ist, soweit er auf den Bereich des häuslichen Arbeitszimmers entfällt. Es stellt sich die Frage, ob ein im Rahmen einer nichtselbständigen Tätigkeit als häusliches Arbeitszimmer genutzter Raum eigenen Wohnzwecken dient oder nicht.

Im Streitfall erzielte die Klägerin als Lehrerin Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Wie in den Vorjahren, machte sie bei der Ermittlung ihrer Einkünfte die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer als Werbungskosten geltend. Nach gut fünfjähriger Eigennutzung veräußerte sie ihre Eigentumswohnung im Jahr 2017. Das Finanzamt berücksichtigte in der Einkommensteuerveranlagung 2017 unter Anwendung des BMF-Schreibens vom 05. Oktober 2000 einen anteilig auf das häusliche Arbeitszimmer entfallenden Gewinn aus privaten Veräußerungsgeschäften. Der Einspruch der Klägerin wurde vom zuständigen Finanzamt als unbegründet zurückgewiesen.

Das Finanzgericht Baden-Württemberg sah den Sachverhalt anders und setzte die Einkünfte aus der Veräußerung der Eigentumswohnung mit EUR 0 an (Urteil v. 23. Juli 2019 5 K 338/19). Das Finanzgericht begründete sein Urteil damit, dass es für die Ausnahme von der Besteuerung nicht schädlich sei, wenn die Klägerin ihre Eigentumswohnung vor der Veräußerung mit einem unwesentlichen Teil (ca. 10 % der Wohnfläche) zu ausschließlich beruflichen Zwecken als häusliches Arbeitszimmer genutzt habe. Die Veräußerungsgewinnbesteuerung nach § 23 Abs. 1 EStG stelle darauf ab, dass ein einzeln veräußerbares „Wirtschaftsgut“ veräußert werde. Nur die Eigentumswohnung als solche, nicht hingegen das häusliche Arbeitszimmer erfülle den Begriff des Wirtschaftsguts, da das Arbeitszimmer nicht losgelöst von der Eigentumswohnung veräußerbar sei.

Die Revision des Finanzamts gegen das Urteil des FG Baden-Württemberg v. 23. Juli 2019 wurde als unbegründet zurückgewiesen. Das FG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass das – für die Erzielung von Überschusseinkünften genutzte – häusliche Arbeitszimmer der Klägerin nach § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 3 EStG von der Besteuerung ausgenommen ist.

Begründung:

Das Tatbestandsmerkmal „Nutzung zu eigenen Wohnzwecken“ setzt voraus, dass eine Immobilie zum Bewohnen geeignet ist und vom Steuerpflichtigen auch tatsächlich bewohnt wird. Damit liegt auch hinsichtlich eines in der Eigentumswohnung befindlichen häuslichen Arbeitszimmers eine „Nutzung zu eigenen Wohnzwecken“ vor. Auch bei einer nahezu ausschließlichen betrieblichen Nutzung des in das Eigenheim eingebundenen Arbeitszimmers kann unterstellt werden, dass es im Übrigen (zu weniger als 10%) zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird. Der (geringe) Umfang der Nutzung des Arbeitszimmers zu eigenen Wohnzwecken sei in diesem Zusammenhang nicht erheblich, da § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG in Bezug auf dieses Merkmal keine Bagatellgrenze enthalte. Eine entsprechende private Mitbenutzung des häuslichen Arbeitszimmers ist nicht überprüfbar und kann daher auch nicht vollständig ausgeschlossen werden. Außerdem lässt sich weder dem Wortlaut der Norm noch der Gesetzesbegründung und dem Gesetzeszweck ein Anhaltspunkt dafür entnehmen, dass der Gesetzgeber ein häusliches Arbeitszimmer von der Begünstigung ausnehmen wollte.

Fazit:

Mit Urteil vom 1. März 2021 hat der BFH entschieden, dass der Veräußerungsvorgang auch in Bezug auf das häusliche Arbeitszimmer von der Besteuerung auszunehmen ist. Damit widerspricht der BFH der gegenteiligen Auffassung der Finanzverwaltung (BMF-Schreiben vom 05. Oktober 2000, Rz. 21).

Gerne stehen wir Ihnen für weitere Informationen zur Verfügung.

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