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Keine erweiterte Grundstückskürzung bei unterjährigem Beginn der Grundstücksverwaltung

Unter Anwendung des § 9 Nr. 1 Satz 2 ff. GewStG kann auf Antrag ein Grundstücksunternehmen, das ausschließlich eigenen Grundbesitz verwaltet und nutzt, die sog. erweiterte Grundstückskürzung in Anspruch nehmen. Faktisch lässt sich dadurch für den Teil des Gewerbeertrages, der auf die Verwaltung eigenen Grundbesitzes entfällt, eine Gewerbesteuerbefreiung erreichen. Sinn und Zweck der erweiterten Grundstückskürzung ist, vermögensverwaltende Grundstücksunternehmen, die als Kapitalgesellschaft oder gewerblich geprägte Personengesellschaft nur aufgrund ihrer Rechtsform gewerbesteuerpflichtig sind, den vermögensverwaltenden nicht gewerbesteuerpflichtigen Personenunternehmen gleichzustellen.

Zentrale Voraussetzung der erweiterten Grundstückskürzung ist das sog. Ausschließlichkeitsgebot, das in qualitativer, quantitativer und zeitlicher Hinsicht wie folgt erfüllt sein muss:

  • Das Grundstücksunternehmen darf in dem jeweiligen Erhebungszeitraum neben der begünstigten Kerntätigkeit allenfalls die gesetzlich zugelassenen (Neben-)Tätigkeiten ausführen, die zwar selbst gewerbesteuerpflichtig sind, jedoch nicht zu einer Versagung der Gewerbesteuerkürzung hinsichtlich der begünstigen Grundstücksverwaltung führen. Neben der Grundbesitzverwaltung dürfen die berechtigten Unternehmen eigenes Kapitalvermögen verwalten oder daneben Wohnungsbauten betreuen oder Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser und Eigentumswohnungen errichten und veräußern.

  • Nach dem Gesetzeswortlaut darf - mit Ausnahme der zugelassenen Nebentätigkeiten - das Grundstücksunternehmen ausschließlich eigenen Grundbesitz verwalten. Zusätzliche Vermietungen von Betriebsvorrichtungen oder Maschinen - auch wenn diese im Zusammenhang mit der Grundstücksverwaltung stehen - führen grundsätzlich in Gänze zur Versagung der erweiterten Grundstückskürzung.

  • Die Voraussetzung der Ausschließlichkeit muss während des gesamten Erhebungszeitraumes erfüllt sein. Im Falle eines unterjährigen Beginns oder Endes der Gewerbesteuerpflicht muss das Merkmal der Ausschließlichkeit in diesem abgekürzten Erhebungszeitraum durchgängig erfüllt sein.

Die Voraussetzung der zeitraumbezogenen Ausschließlichkeit war mit Urteil vom 27. Oktober 2021 erneut Prüfgegenstand des BFH. Hiernach urteilte der BFH, dass die erweiterte Grundstückskürzung im Falle einer erstmaligen Grundstücksverwaltung im Laufe des Erhebungszeitraumes zu versagen sei. Im Urteilsfall wurde zu Beginn des Kalenderjahres eine GmbH zunächst als Vorratsgesellschaft gegründet. Erst ein halbes Jahr nach Gründung erwarb die GmbH Grundbesitz, für deren Verwaltung diese die erweiterte Grundstückskürzung beantragte. Der BFH versagte die erweiterte Grundstückskürzung mit der Begründung, dass die Nutzung und Verwaltung eigenen Grundbesitzes nicht während des gesamten Erhebungszeitraumes ausgeübt wurden. So beginnt die sachliche Gewerbesteuerpflicht der GmbH und damit der gewerbesteuerpflichtige Erhebungszeitraum mit Eintragung ins Handelsregister. Da zwischen der Eintragung ins Handelsregister bis zum Kauf des Grundbesitzes kein eigener Grundbesitz verwaltet und genutzt wurde, sah der BFH die Voraussetzung des Ausschließlichkeitsgebots nicht als erfüllt an. Eine zeitanteilige Inanspruchnahme der erweiterten Grundstückskürzung ist nicht zulässig.

In der Praxis sollte in Neugründungsfällen darauf geachtet werden, dass zwischen Gründung der Gesellschaft und der Aufnahme der Grundstücksverwaltung kein zu großer zeitlicher Abstand besteht und damit dem zeitlichen Ausschließlichkeitsgebot entsprechend Rechnung getragen wird. Bei einem zu großen Auseinanderfallen der Zeitpunkte der Gründung der künftigen Grundstücksgesellschaft und der Aufnahme der Grundstücksverwaltung kann im Gründungsjahr die erweiterte Grundstückskürzung nicht in Anspruch genommen werden.

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