Neue Gesetzesregelung zu Zinsen nach § 233a AO – 1,8% statt 6%

Mit Beschluss vom 8. Juli 2021 hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die Verzinsung nach § 233a AO mit 6% p.a. ab dem Jahr 2014 verfassungswidrig ist.

Für die Jahre 2014 bis 2018 hat das Bundesverfassungsgericht die bisherige Regelung weiterhin für anwendbar erklärt. Für Verzinsungszeiträume ab dem 1. Januar 2019 wurde der Gesetzgeber verpflichtet, bis zum 31. Juli 2022 eine verfassungsgemäße Neuregelung zu treffen. Dieser Verpflichtung kam nun der Bundestag mit Verabschiedung des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Abgabenordnung am 23. Juni 2022 nach, dem der Bundesrat am 8. Juli 2022 zustimmte.

Hiernach beträgt der Zinssatz für Nachzahlungs- und Erstattungszinsen nach § 233a AO für Verzinsungszeiträume ab dem 1. Januar 2019 0,15% je vollen Monat, also damit 1,8% für ein volles Jahr. Die den verfassungsrechtlichen Vorgaben entsprechende neue Zinshöhe gilt für alle Steuern, auf die die Vollverzinsung anzuwenden ist.

Um auch zukünftig eine verfassungsrechtlich gebotene Angemessenheit des Zinssatzes für Nachzahlungs- und Erstattungszinsen nach § 233a AO zu gewährleisten, enthält die neue Gesetzesregelung eine ausdrückliche Evaluierungsklausel, wonach der Zinssatz wenigstens alle zwei Jahre (erstmals spätestens zum 1. Januar 2024) zu überprüfen ist. Nach der Gesetzesbegründung soll eine Anpassung dann erfolgen, wenn eine Abweichung zwischen dem zum 1. Januar des Jahres der Evaluation geltenden Basiszinssatz und dem bei der letzten Festlegung oder Anpassung geltenden Basiszinssatz von mehr als einem Prozentpunkt besteht.

Im Rahmen der Neuregelung wurde zudem die Billigkeitsregelung, wonach Nachzahlungszinsen aufgrund vorab geleisteter „freiwilliger“ Zahlungen (beispielsweise aufgrund einer zu erwarteten Steuernachzahlung wegen einer laufenden Betriebsprüfung) erlassen wurden, nunmehr mit der Einführung des § 233a Abs. 8 AO gesetzlich verankert. Hiernach sind nun Nachzahlungszinsen zuungunsten des Steuerpflichtigen entweder nicht festzusetzen oder zu erlassen, soweit Zahlungen auf eine später wirksam gewordene Steuerfestsetzung erbracht wurden, die Finanzbehörde diese Leistungen angenommen und auf die festgesetzte und zu entrichtende Steuer angerechnet hat. Die Neuregelung gilt nun – im Gegensatz zu der bisher geltenden Billigkeitsregelung – auch für Nachzahlungszinsen im Zusammenhang mit der von den Gemeinden festgesetzten Gewerbesteuern.

Mit der Neuregelung wird allerdings ausdrücklich nur der Zinssatz für Erstattungs- und Nachzahlungszinsen i.S.d. § 233a AO neu festgesetzt. Insbesondere blieb eine Anpassung der übrigen Verzinsungstatbestände – wie Stundungs-, Hinterziehungs- und Aussetzungszinsen – sowie auch eine Anpassung der Säumniszuschläge in der Neuregelung unberücksichtigt. Laut Begründung zum Gesetzesentwurf ist eine potenzielle Anpassung der übrigen Verzinsungstatbestände noch eingehend zu prüfen.

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