Quellensteuerabzug bei Zahlungen an ausländische Softwareanbieter
Gewährte Vergütungen für die Überlassung der Nutzung oder des Rechts auf Nutzung von Rechten, insbesondere von Urheberrechten unterliegen auch dann der deutschen beschränkten Steuerpflicht, wenn sie an nicht in Deutschland steuerlich ansässige Vertragspartner gezahlt werden. Für den in Deutschland ansässigen Vergütungsschuldner hat dies insofern Auswirkungen als solche Zahlungen unter bestimmten Voraussetzungen dem Quellensteuerabzug nach § 50a EStG unterliegen, d. h. der Zahlende hat die Steuer für den ausländischen Vertragspartner – in diesem Fall in Höhe von 15 % zzgl. Solidaritätszuschlag – von der Vergütung einzubehalten und unmittelbar an das deutsche Finanzamt abzuführen. Selbst wenn ein Doppelbesteuerungsabkommen ein Besteuerungsrecht nur im Ausland normiert, kann vom Steuerabzug nur dann abgesehen werden, wenn im Auszahlungszeitpunkt eine gültige Freistellungsbescheinigung des ausländischen Vertragspartners vorliegt. Anderenfalls haftet der inländische Vergütungsschuldner gegenüber dem deutschen Finanzamt für die Quellensteuer.
Auch Software unterliegt dem Urheberrecht, so dass auch die grenzüberschreitende Überlassung von Software ebenfalls dem Steuerabzug unterliegen kann. Unter welchen Voraussetzungen in solchen Konstellationen der inländische Vergütungsschuldner zum Steuerabzug verpflichtet ist, war bislang umstritten. Im Allgemeinen wurde danach unterschieden, ob es sich um die Überlassung von einer sog. Individualsoftware oder einer Standardsoftware handelt. Lediglich bei einer Standardsoftware war ein Steuerabzug nicht notwendig, da dieser Fall dem Verkauf von Waren gleichgestellt wurde.
Mit BMF-Schreiben vom 27. Oktober 2017 hat das Bundesfinanzministerium die Leitlinien bei der grenzüberschreitenden Softwareüberlassung neu geordnet. Die Beurteilung erfolgt nunmehr unabhängig davon, ob es sich um sog. Standardsoftware oder speziell hergestellte „Individualsoftware“ handelt. Beschränkt steuerpflichtige und damit der Abzugssteuer unterliegende Einkünfte liegen bei der grenzüberschreitenden Softwareüberlassung nur noch vor, wenn dem inländischen Nutzer umfassende Nutzungsrechte an der Software zur wirtschaftlichen Weiterverwertung eingeräumt werden. Das können insbesondere Vervielfältigungs-, Bearbeitungs-, Verbreitungs- oder Veröffentlichungsrechte sein. Allein das Recht zum Vertrieb einzelner Programmkopien ohne weitergehende Nutzungs- und Verwertungsrechte
(z. B. Vervielfältigungs- oder Bearbeitungsrechte) an der Software selbst sind nicht ausreichend. Die steuerrechtliche Beurteilung ist unabhängig davon, ob die Softwareüberlassung auf Datenträgern oder internetbasiert erfolgt (Download, Nutzung auf fremdem Server). Beschränkt steuerpflichtige Einkünfte liegen dagegen nicht vor, wenn die Überlassung der Funktionalität einer Software im Vordergrund des Vertrages steht. Das ist der Fall, wenn lediglich der bestimmungsgemäße Gebrauch einer Software Vertragsgegenstand ist. Zum bestimmungsgemäßen Gebrauch gehören insbesondere die Software-Installation, das Herunterladen in den Arbeitsspeicher, die Anwendung der Software und ggf. notwendige Bearbeitungs- oder Vervielfältigungshandlungen, um die Softwareanwendung zu ermöglichen (z. B. Anpassungen/Integrationsarbeiten an die eigene IT-Umgebung). Ein Steuerabzug ist auch dann nicht vorzunehmen, wenn sich die grenzüberschreitend überlassenen Nutzungsrechte auf die Weiterüberlassung und den bestimmungsgemäßen Gebrauch einer Software innerhalb eines Konzerns beschränken. Das gilt unabhängig davon, ob die Weiterüberlassung der Nutzungsrechte im Konzern kostendeckend erfolgt oder ob eine Gegenleistung gezahlt wird, die über die entstandenen Kosten hinausgeht. Damit ist der zentrale Einkauf durch eine Konzerngesellschaft und die konzerninterne Unterlizenzierung unschädlich im Hinblick auf den Quellensteuerabzug.
Neben der Softwareüberlassung regelt das BMF-Schreiben auch die Voraussetzung für den Steuerabzug bei der grenzüberschreitenden Überlassung von Datenbanken. Auch hier liegt eine beschränkte Steuerpflicht und damit eine Abzugssteuerpflicht für den inländischen Nutzer nur vor, wenn diesem umfassende Nutzungsrechte zur wirtschaftlichen Weiterverwertung überlassen werden (insbesondere Vervielfältigungs-, Bearbeitungs-, Verbreitungs- oder Veröffentlichungsrechte). Das kann sowohl die Nutzung der Datenbank insgesamt als auch einzelne Inhalte betreffen. Abzugssteuerpflichtige Einkünfte sind danach nicht anzunehmen, sofern dem Nutzer einer Datenbank lediglich diejenigen Rechte eingeräumt werden, die für den Zugang zu den Elementen der Datenbank und für deren übliche Benutzung (Zugriffs-, Lese- und Druckfunktionen) erforderlich sind. Werden dagegen umfassende Nutzungsrechte eingeräumt, die eine wirtschaftliche Weiterverwertung ermöglichen, unterliegt die Zahlung dem Steuerabzug. Dies ist beispielsweise der Fall bei der Einräumung von Rechten zur öffentlichen Wiedergabe eines nach Art und Umfang wesentlichen Datenbank-Teils, der Berechtigung zur Unterlizenzierung an Dritte oder bei Berechtigung zur Veröffentlichung urheberrechtlich geschützter Analysen. Eine Ausnahme gilt für wissenschaftliche Hochschulen und Bibliotheken, da bei diesen im Rahmen ihres öffentlichen Auftrags regelmäßig keine wirtschaftliche Verwertung erfolgt. Das gilt auch dann, wenn die Hochschule bzw. Bibliothek von ihren Nutzern für die Nutzung der Datenbanken keine oder nur kostendeckende Gebühren erheben.
Insgesamt sind die neuen Abgrenzungskriterien des BMF aus praktischer Sicht zu begrüßen. Die wenig praktikable Abgrenzung zwischen Individual- und Standardsoftware wird durch eine greifbarere Unterscheidung nach der Nutzungsmöglichkeit ersetzt. Der Anwendungsbereich für einen Steuerabzug bei grenzüberschreitender Softwareüberlassung und die Anzahl der Fälle einer nachträglichen Haftung im Rahmen des § 50a EStG dürfte dadurch deutlich geringer werden. Abzuwarten bleibt aber wie ggf. die Finanzgerichte die Abgrenzungskriterien einordnen und ob diese der Auffassung der Finanzverwaltung folgen.