Rücknahme der Option zur Steuerpflicht bei Grundstücksverkäufen – nun doch möglich?

Hintergrund

Die Lieferungen von Grundstücken sind grundsätzlich umsatzsteuerfrei nach § 4 Nr. 9 Buchstabe a) UStG. Der Verkäufer hat jedoch die Möglichkeit auf die Befreiung zu verzichten und zur Umsatzsteuerpflicht zu optieren, sofern der Erwerber ein Unternehmer ist, der das Grundstück für sein Unternehmen erwirbt, § 9 Abs. 1 UStG. Der Verzicht kann nur in dem notariellen Kaufvertrag erklärt werden, 9 Abs. 3 S. 2 UStG.

Im Jahr 2015 hat der BFH in einer umstrittenen Entscheidung geurteilt, dass die Option ausschließlich im Rahmen des originären Vertrags ausgeübt werden kann; eine nachträgliche Option – im Rahmen einer Nachtragsurkunde – war damit nicht mehr zulässig. Gleiches sollte auch für die Rücknahme der Option gelten. Diese ist zwar grundsätzlich zulässig, jedoch vertritt die Finanzverwaltung aufgrund der Rechtsprechung des BFH die Ansicht, dass die Rücknahme der Option ebenfalls nur im Rahmen des originären Kaufvertrages ausgeübt werden kann – damit ist die Rücknahme faktisch unmöglich geworden.

Eine neue Entwicklung könnte hier die Entscheidung des FG Baden-Württemberg vom 01. August 2019 (1 K 3115/18) mit sich bringen.

Urteil des FG Baden-Württemberg

In dem zugrunde liegenden Fall hatte eine GmbH ein bebautes Grundstück erworben, um dies zu sanieren und steuerpflichtig zu veräußern. Im Rahmen des notariellen Kaufvertrages hat die Verkäuferin wirksam auf die Steuerbefreiung verzichtet; die Käuferin konnte aufgrund der beabsichtigten steuerpflichtigen Verwendung die Vorsteuer aus dem Erwerb geltend machen.

Entgegen der ursprünglichen Absicht veräußerte sie das Grundstück jedoch schließlich umsatzsteuerfrei – dies hätte grundsätzlich die Rückzahlung der Vorsteuerbeträge nach § 15a UStG zur Folge. Um dies zu vermeiden vereinbarte sie mit der ursprünglichen Verkäuferin eine Rücknahme des Verzichts, die ebenfalls notariell beurkundet wurde.

Das Finanzamt erkannte im Rahmen einer bei der GmbH durchgeführten Außenprüfung die Rücknahme des Verzichts nicht an, da diese nur im Rahmen des erstmaligen Vertrages möglich sei. Entsprechend setzte das Finanzamt Rückzahlungen der Vorsteuer nach § 15a UStG fest.

Das FG Baden-Württemberg hat entschieden, dass die Notwendigkeit einer notariellen Beurkundung der Option in 9 Abs. 3 S. 2 UStG einer Rücknahme der Option nicht entgegen stünde; der eindeutige Wortlaut dieser Vorschrift sehe eine derartige Beschränkung nicht vor. Zudem liege es in der Natur der Sache, dass die Rückgängigmachung als Reaktion auf geänderte Verhältnisse zeitlich dem Ursprungsvertrag nachfolge; bei Anwendung der Auffassung des Finanzamts sei eine Rückgängigmachung faktisch ausgeschlossen.

Nach Ansicht der FG sei eine Rücknahme der Option bis zum Eintritt der materiellen Bestandskraft der Umsatzsteuerfestsetzung möglich. Dabei hat das FG offengelassen, ob die Steuerfestsetzung beim leistenden Unternehmer und/oder beim Leistungsempfänger maßgeblich sei, da im vorliegenden Sachverhalt beide Jahreserklärungen änderbar waren.

Auswirkungen für die Praxis

Da die Finanzverwaltung gegen das Urteil Revision eingelegt hat, bleibt abzuwarten, ob der BFH sich der Sichtweise anschließt. Dies wäre in jedem Fall wünschenswert, da derartige Konstellationen – auch wenn sie nicht alltäglich sind – meist eine hohe steuerliche Auswirkung haben. Wünschenswert wäre ebenfalls, dass der BFH im Zuge dieses Revisionsverfahrens seine bisherige strenge Sichtweise zur nachträglichen Option nochmals überprüft und eine Option auch im Rahmen einer Nachtragsurkunde zum Kaufvertrag zulässt.

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