Rückstellungen für Urlaub in Handels- und Steuerbilanz

Nicht immer ist es den Arbeitnehmern möglich, bis zum Ende des Kalenderjahres den kompletten Jahresurlaub zu nehmen, sei es aus betrieblichen oder auch aus privaten Gründen. Der Urlaubsanspruch stellt einen privatrechtlichen, unabdingbaren und unverzichtbaren Anspruch des Arbeitnehmers gegen seinen Arbeitgeber dar. Stimmt der Arbeitgeber der Übertragung des Resturlaubs auf das neue Kalenderjahr zu, so hat er für diese Verpflichtung gegenüber seinen Arbeitnehmern eine Rückstellung für ungewisse Verpflichtungen nach § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB in der Bilanz zu passivieren, da er gegenüber seinen Arbeitnehmern in Leistungsrückstand geraten ist.

Bewertung

Für die Berechnung der Urlaubsrückstellung werden grundsätzlich die folgenden drei Angaben benötigt

  • Urlaubsentgelt
  • Zahl der Arbeitstage
  • Anzahl der noch offenen Urlaubstage

Grundsätzlich ist die Höhe des Durchschnittsverdienstes der letzten 13 Wochen vor dem Bilanzstichtag maßgeblich, so dass bei einem Regelwirtschaftsjahr (Bilanzstichtag 31.12.) auf die Lohnverhältnisse vom 01.10. - 31.12. abzustellen ist. Aus Vereinfachungsgründen wird es in der Regel nicht beanstandet, wenn der Jahresverdienst für die Berechnung der Urlaubsrückstellung herangezogen wird.

Handelsrechtlich ist der notwendige Erfüllungsbetrag zurückzustellen, somit sind Änderungen des Arbeitslohnes, die am Bilanzstichtag bereits bekannt sind, in die Rückstellungsberechnung miteinzubeziehen. Es findet eine Bewertung zu Vollkosten statt. Das Urlaubsentgelt besteht folglich aus den folgenden Komponenten:

  • Brutto-Arbeitsentgelt
  • Sozialversicherungsbeiträge des Arbeitgebers
  • Tantiemen
  • Weihnachtsgeld
  • Beiträge zur Berufsgenossenschaft
  • Zuführung zu Pensions- und Jubiläumsrückstellungen
  • Sondervergütungen, z. B. vermögenswirksame Leistungen
  • Anteilige Kosten der Personalverwaltung

Für die Berechnung ist die tatsächliche Zahl der Arbeitstage maßgebend, d. h. die regulären Arbeitstage werden um die neuen Urlaubstag und die erwarteten Ausfallzeiten, insbesondere durch Krankheiten, gekürzt. Sollte der Arbeitnehmer unterjährig in das Unternehmen eingetreten sein, so sind die Tage anteilig zu berücksichtigen.

Die Anzahl der noch offenen Urlaubstage richtet sich danach, wie viele Urlaubstage der Arbeitnehmer am Bilanzstichtag noch nicht genommen hat. Generell handelt es sich dabei um die rückständigen Urlaubstage des abgelaufenen Geschäftsjahres.

Berechnung

Die Berechnung der Urlaubsrückstellung kann durch eine Individualberechnung für jeden Arbeitnehmer einzeln oder anhand der Durchschnittsberechnung für die gesamte Belegschaft durchgeführt werden, allerdings sollte im Hinblick auf den Stetigkeitsgrundsatz des § 252 Abs. 1 Nr. 6 HGB die einmal gewählte Methode beibehalten werden. Nachfolgend wird ausschließlich die Individualmethode betrachtet.

Die Formel für die Berechnung lautet:

Urlaubsentgelt x rückständige Urlaubstage
Anzahl der tatsächlichen Arbeitstage
= Urlaubsrückstellung für den Mitarbeiter



Die Urlaubsrückstellung ist nur bei der erstmaligen Passivierung im vollen Umfang aufwandswirksam, in den Folgejahren tritt nur insoweit eine Gewinnminderung ein, als der Rückstellungsbetrag aufgestockt werden muss. Sollte gegenüber dem Vorjahr eine Minderung eintreten, liegt insoweit ein Ertrag vor.

Abweichungen zwischen Handels- und Steuerbilanz

Gemäß H 6.11 „Urlaubsverpflichtung“ EStH besteht die Urlaubsrückstellung aus den folgenden Komponenten:

  • Brutto-Arbeitsentgelt
  • Arbeitgeberanteil zur Sozialversicherung
  • Urlaubsgeld
  • weitere lohnabhängige Nebenkosten (z. B. Beiträge zur Berufsgenossenschaft)

Im Unterschied zum Handelsrecht erfolgt kein Vollkostenansatz in der Steuerbilanz, ebenso wenig dürfen bereits bekannte Kostensteigerungen im neuen Geschäftsjahr berücksichtigt werden. Es sind ausschließlich die Wertverhältnisse am Bilanzstichtag maßgebend.

Das Urlaubsentgelt ist durch die möglichen regulären Arbeitstage zu dividieren, also die tatsächlichen Tage abzüglich Samstage, Sonntage und Feiertage, was bei einer 5-Tage-Woche zu 250 und bei einer 6-Tage-Woche zu 300 Arbeitstagen im Jahr führt. Im Gegensatz zur Handelsbilanz erfolgt keine Kürzung der Urlaubs- und Krankheitstage des Arbeitnehmers. Ebenso wurde vom FG München mit Beschluss vom 7. Mai 2007 (7 K 2505/05) ein pauschaler Ansatz von 220 Arbeitstagen, wie vom Institut der Wirtschaftsprüfer vorgeschlagen und in der Regel in der Handelsbilanz unterstellt, abgelehnt. Durch die Bewertungsunterschiede zwischen Handels- und Steuerbilanz kommt es grundsätzlich zur Bildung von latenten Steuern.

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