Verdeckte Gewinnausschüttung durch Gesellschafterdarlehen
Leistungsbeziehungen zwischen dem Gesellschafter und der Kapitalgesellschaft haben sich steuerlich immer am sog. Fremdvergleich zu orientieren. Insoweit die Vereinbarungen nicht fremdüblich sind, handelt es sich steuerlich um eine verdeckte Gewinnausschüttung. Ganz allgemein liegt eine solche verdeckte Gewinnausschüttung immer dann vor, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte (sog. materieller Fremdvergleich). So wird beispielsweise der Zins für ein Gesellschafterdarlehen nur insoweit auch steuerlich als Zinszahlung anerkannt, als der vereinbarte Zinssatz dem entspricht was zwischen fremden Dritten in einer vergleichbaren Situation vereinbart worden wäre.
Die beiden Urteile des Finanzgerichts Münster vom 12. April 2019 und vom 15. Mai 2019 machen aber nochmal deutlich, dass bei der Darlehensgewährung durch die Kapitalgesellschaft an den Gesellschafter nicht nur der vereinbarte Zinssatz relevant ist, sondern unter Umständen bereits die Hingabe der Darlehensmittel insgesamt als verdeckte Gewinnausschüttung angesehen werden könnte. Führt bereits die Hingabe eines Darlehens zu einer verdeckten Gewinnausschüttung, würde die gesamte Darlehensvaluta beim Gesellschafter steuerpflichtigen Kapitalertrag darstellen. Zur Vermeidung einer solchen Rechtsfolge, sollten die folgenden, vom FG Münster nochmals herausgearbeiteten Leitlinien möglichst eingehalten werden.
Vermögensminderung als Voraussetzung einer verdeckten Gewinnausschüttung
Eine verdeckte Gewinnausschüttung kann nur insoweit vorliegen, als es bei der Kapitalgesellschaft zu einer Vermögensminderung kommt. Da im Zeitpunkt der Ausreichung des Darlehens ein Rückzahlungsanspruch als aktives Betriebsvermögen gegenübersteht, kommt es durch die Darlehenshingabe grundsätzlich (noch) nicht zu einer solchen Vermögensminderung.
Wird jedoch aufgrund der Uneinbringlichkeit einer Forderung durch die Kapitalgesellschaft eine Teilwertabschreibung vorgenommen, führt dies zu einer Vermögensminderung. Allerdings steht der Kapitalgesellschaft in der Steuerbilanz ein Wahlrecht zu, ob es die Teilwertabschreibung vornimmt. Verzichtet die Kapitalgesellschaft aufgrund des Wahlrechts auf eine Teilwertabschreibung, liegt keine Vermögensminderung vor.
Eine Vermögensminderung tritt jedoch ein, wenn ein von vornherein nicht ernstlich vereinbartes Darlehen ausgereicht wird. Dies ist der Fall, wenn bereits zum Zeitpunkt der Darlehensausreichung aufgrund der wirtschaftlichen Situation des Gesellschafters mit einer Rückzahlung nicht gerechnet werden kann, weil hier davon auszugehen ist, dass gar keine Rückzahlungsverpflichtung begründet werden soll. Das eventuelle Fehlen von Sicherheiten oder eine lange Darlehenslaufzeit lassen für sich allein noch keinen sicheren Schluss auf eine fehlende ernstliche Vereinbarung zu.
Veranlassung der Vermögensminderung durch das Gesellschaftsverhältnis
Bei der Prüfung, ob eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis vorliegt, ist auf die geschäftlichen Bedingungen der Darlehensvergabe (Verzinsung, Sicherheiten, Rückzahlungsrisiko) nach Maßgabe des Fremdvergleichs abzustellen.
Eine Darlehensvergabe ist z.B. nicht fremdüblich, wenn der Darlehensvertrag von Beginn an mangels nennenswerter Tilgungen und Zinszahlungen nicht ernsthaft durchgeführt wird oder nach der Hingabe des Darlehens ausdrücklich oder stillschweigend auf seine Rückzahlung verzichtet wird. Zudem ist es nicht fremdüblich, wenn die Gesellschaft bei einer Gefährdung des Rückzahlungsanspruchs nicht rechtzeitig die erforderlichen Maßnahmen trifft, um das Darlehen zu sichern und zurückzuerhalten. Dies kann einem Verzicht auf die Rückzahlung gleichkommen.
Zahlt der Gesellschafter ein Darlehen, welches als verdeckte Gewinnausschüttung qualifiziert wurde, an die Kapitalgesellschaft zurück, führt dies zu einer sog. verdeckten Einlage. Diese erhöht lediglich Anschaffungskosten des Gesellschafters für seine Beteiligung. Die ursprünglich angesetzte steuerpflichtige verdeckte Gewinnausschüttung wird dadurch nicht rückgängig gemacht.
Die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung in voller Höhe des als Darlehens hingegebenen Betrags stellt sicherlich einen Ausnahmefall dar. In jedem Fall sollte aber bei der Darlehensvergabe zwischen Kapitalgesellschaft und Gesellschafter immer darauf geachtet werden möglichst fremdübliche Vereinbarungen in Bezug auf Zinssatz, Tilgung, Laufzeit und Sicherheiten zu treffen, um diesbezügliche Diskussionen von vornherein zu vermeiden.