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Vorsteuerabzug bei Holdingstrukturen

Hintergrund

Eine Holdinggesellschaft, deren einziger Zweck der Erwerb, das Halten und Veräußern von Beteiligungen an anderen Unternehmen ist (Finanzholding), ist kein umsatzsteuerlicher Unternehmer und daher nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt. Anders sieht es hingegen aus, wenn die finanzielle Beteiligung, unbeschadet der Rechte, die ihm als Aktionär oder Gesellschafter zustehen, mit unmittelbaren oder mittelbaren Eingriffen in die Verwaltung der Gesellschaft einhergeht, beispielsweise in Form der Erbringung von administrativen, buchhalterischen, finanziellen, kaufmännischen, der Informatik zuzuordnenden und technischen Dienstleistungen (Führungsholding). In diesem Fall wird durch die Leistungserbringung die Unternehmereigenschaft der Holding begründet und die jeweilige Beteiligung dem unternehmerischen Bereich der Holding zugerechnet.

Urteil des BFH

In dem zugrunde liegenden Fall hatte eine GmbH & Co. KG an ihre italienischen Tochtergesellschaften (Beratungs-)Kosten weiterbelastet und den Vorsteuerabzug aus den bezogenen Eingangsleistungen geltend gemacht. Das Finanzamt versagte hingegen den Vorsteuerabzug, da seiner Ansicht nach keine (Ausgangs-)Leistungen im umsatzsteuerrechtlichen Sinne erbracht wurden, insbesondere sei hinsichtlich der Beratungsleistungen eine reine Kostenweiterberechnung an die Tochtergesellschaften anzunehmen.

Der BFH konnte vorliegend zwar aufgrund fehlender Feststellung im erstinstanzlichen Verfahren keine abschließende Würdigung dieses konkreten Sachverhalts vornehmen, allerdings hat er zahlreiche generelle Aussagen und Konkretisierungen zu der Unternehmereigenschaft von Holdinggesellschaften vorgenommen.

a) Qualität der Eingriffe in die Verwaltung der Tochtergesellschaft

Im Rahmen der bisherigen Entscheidungen wurden zur Begründung der Unternehmereigenschaft der Holding stets Leistungen wie die Erbringung von administrativen, buchhalterischen, finanziellen, kaufmännischen, der Informatik zuzuordnenden und technischen Dienstleistungen an die jeweilige Gesellschaft aufgeführt. Der BFH stellt im Rahmen seines Urteils klar, dass es sich hierbei um eine nicht abschließende Aufzählung handelt, der Begriff „Eingriff einer Holding in die Verwaltung ihrer Tochtergesellschaft“ sei dahin zu verstehen, dass er alle Umsätze umfasst, die eine wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne des Umsatzsteuerrechts darstellen und von der Holding für ihre Tochtergesellschaft erbracht werden.

b) Auch Weiterbelastung von Kosten ist ausreichend

Da Voraussetzung für einen Leistungsaustausch im Sinne des Umsatzsteuerrechts die Leistungserbringung gegen Entgelt ist, ist nicht erheblich und auch nicht notwendig, dass eine entsprechende Marge auf die Weiterbelastung der Kosten aufgeschlagen wird. Eine Gewinnerzielungsabsicht ist dem Umsatzsteuerrecht fremd. Daher ist entgeltlicher Leistungsaustausch auch dann anzunehmen, wenn lediglich Aufwandersatz geleistet wird.

Es ist ebenfalls unschädlich, wenn kein eigenes Personal eigesetzt wird und lediglich Fremdkosten weiterbelastet werden.

c) Der Rechtsgrund für die Weiterbelastung ist entscheidend

Entscheidend für die Frage, ob zwischen der Holding und ihrer (Tochter-)Gesellschaft ein die umsatzsteuerliche Unternehmereigenschaft begründender Leistungsaustausch vorliegt, ist der Rechtsgrund der Weiterbelastung.

Die umsatzsteuerrechtliche Behandlung von Leistungen eines Gesellschafters an die Gesellschaft richtet sich danach, ob es sich um Leistungen handelt, die als (nicht steuerbarer) Gesellschafterbeitrag durch die Beteiligung am Gewinn und Verlust der Gesellschaft abgegolten werden, oder um Leistungen, die gegen (Sonder-)Entgelt ausgeführt werden und damit auf einen Leistungsaustausch im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG gerichtet sind. Nur wenn eine steuerbare Leistung des Gesellschafters an seine Gesellschaft vorliegt, kann dadurch die Unternehmereigenschaft der Holdinggesellschaft begründet werden.

Der Gesellschafter kann hierbei frei entscheiden, in welcher Eigenschaft er für die Gesellschaft tätig wird. Insbesondere steht es ihm dabei frei, seine Verhältnisse so zu gestalten, dass sie zu einer möglichst geringen steuerlichen Belastung führen.

Auswirkungen für die Praxis

Durch das Urteil des BFH wird der oftmals einschränkenden und formalistischen Sichtweise der Finanzverwaltung an die Weiterbelastung von Kosten innerhalb eines Konzernverbundes und der Auswirkungen für die Umsatzsteuer eine klare Absage erteilt. Das Urteil macht jedoch auch deutlich, dass im Rahmen von Holdingstrukturen die Verhältnisse zwischen den Gesellschaften – insbesondere die Rechtsgrundlage für eine Weiterbelastung von Kosten – klar geregelt und dokumentiert werden sollten. Im vorliegenden Urteilsfall war dies nicht der Fall, daher muss durch das erstinstanzlich zuständige FG Berlin-Brandenburg die Rechtsgrundlage nochmals ermittelt werden.

Um Beanstandungen seitens der Finanzverwaltung oder auch nur das Aufkommen von Zweifeln zu vermeiden, sollte die Rechtsgrundlage für etwaige Leistungen / Weiterbelastungen innerhalb eines Konzerns im Vorhinein festgelegt werden. Soll es sich hierbei um steuerbare Leistungen handeln, muss die Leistung durch ein gewinnunabhängiges Sonderentgelt vergütet werden, d.h. das Entgelt muss auch dann gezahlt werden, wenn kein Gewinn erwirtschaftet wird.

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