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Vorsteuerabzug im Rahmen eines Ehegatten-Vorschaltmodells

Hintergrund

Leistungsbeziehungen zwischen nahen Angehörigen stehen oft im Fokus der Finanzverwaltung. So auch in dem Sachverhalt, der dem Urteil des BFH vom 29. September 2022 (V R 29/20) zugrunde lag:

Dort hatte die finanziell von ihrem Ehemann unabhängige Klägerin im Jahr 2016 einen Pkw erworben. Den Kaufvertrag mit dem Händler hatte zunächst der Ehemann abgeschlossen, diesen jedoch vor der Auslieferung des Fahrzeugs auf die Klägerin übertragen. Die Klägerin beglich den Kaufpreis aus eigenem Vermögen und überlies das Fahrzeug im Wege eines Leasings an ihren Ehemann, der das Fahrzeug sodann für seine freiberufliche Tätigkeit als Arzt nutzte. Der Pkw wurde auf den Ehemann zugelassen, der vertragsgemäß die vereinbarten Leasingraten sowie die Kraftfahrzeugsteuer entrichtete. Ausweislich des Versicherungsscheins war der Ehemann sowohl als Versicherungsnehmer und Halter eingetragen, wobei die Klägerin als weitere Nutzerin eingetragen war.

Die Klägerin machte im Rahmen ihrer Umsatzsteuer-Voranmeldung sowie der entsprechenden Jahreserklärung für das Jahr 2016 den Vorsteuerbetrag aus dem Erwerb des Pkws geltend. Die Umsätze aus dem Leasingvertrag mit ihrem Ehemann waren in den Ausgangsumsätzen enthalten. Das Finanzamt setzte die Umsatzsteuer abweichend ohne Berücksichtigung des streitigen Vorsteuerabzugs sowie ohne die Ausgangsumsätze aus dem Leasingvertrag fest. Nach erfolglosem Einspruch gab das Finanzgericht Baden-Württemberg der Klage statt.

Entscheidung des BFH

Die Revision des FA war begründet – jedoch nur, da das Finanzgericht zu Unrecht die private Nutzung des Pkws durch die Klägerin bei ihrer Besteuerung außer Betracht gelassen hatte.

Im Übrigen bestätigte es vollumfänglich die Ansicht des FG und erteilte den zahlreichen Einwänden des Finanzamtes eine deutliche Absage:

Die Überlassung des Pkws an den Ehemann wertete der BFH als eine unternehmerische Tätigkeit, da die Klägerin den Pkw aus eigenen Mitteln erworben und damit das Unternehmerrisiko getragen habe. Es sei unbeachtlich, dass die Klägerin nicht am allgemeinen Markt tätig wurde, sondern ihre Leasingleistungen ausschließlich an ihren Ehemann als (einzigen) Kunden erbrachte. Auch die Vertragsübernahme sah der BFH als unschädlich an, da diese mit der Folge eines umsatzsteuerrechtlich anzuerkennenden Wechsels in der Person des Leistungsempfängers jedenfalls bis zum Zeitpunkt der Leistungserbringung und damit der Steuerentstehung anzuerkennen sei. Auch ein Scheingeschäft konnte der BFH nicht erkennen, da der Leasingvertrag hinsichtlich seiner Hauptpflichten und damit im Wesentlichen wie vereinbart tatsächlich durchgeführt wurde. Insbesondere hatte die Klägerin ihrem Ehemann den Pkw tatsächlich zur Nutzung überlassen und die entsprechenden Leasingraten monatlich vereinnahmt. Auch wurde der Pkw für die freiberufliche Tätigkeit des Ehemanns und nicht für den Familienbedarf genutzt. Eine missbräuchliche Gestaltung nach § 42 AO lag nach Ansicht des BFH ebenfalls nicht vor.

Ausgehend von der ständigen Rechtsprechung BFH zur Vorschaltung des Ehegatten sei entscheidend, ob der Vermieter-Ehegatte die Mittel für den Erwerb und den Unterhalt des Mietobjekts in einem überschaubaren Zeitraum aus eigenem Einkommen bzw. Vermögen leisten kann. Bei einem finanziell unabhängigen Vermieter-Ehegatten liegt selbst dann kein Rechtsmissbrauch vor, wenn dessen Vorschaltung den Vorsteuerabzug erst ermöglicht, weil der Ehegatte als Nichtunternehmer oder als Unternehmer mit steuerfreien Umsätzen nach § 15 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 UStG nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist.

Im Ergebnis hat der BFH den Vorsteuerabzug aus der Anschaffung des Pkws vollumfänglich anerkannt.

Auswirkungen für die Praxis

Ehegatten-Vorschaltmodelle sind umsatzsteuerlich zulässig, jedoch in engen Grenzen. Voraussetzung ist, dass der Vermieter-Ehegatte die Finanzierung des Mietobjekts selbst bewerkstelligen kann, sei es durch eigene Einkünfte oder eigenes Vermögen. Dies sollte auch bei Nachfragen seitens der Finanzverwaltung nachweisbar sein. Auch ist notwendig, dass die Vermietung tatsächlich und wie unter fremden Dritten durchgeführt wird. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, ist das Ehegatten-Vorschaltmodell auch dann anzuerkennen, wenn dadurch ein Vorsteuerabzug beim Vermieter-Ehegatten ermöglicht wird, der im Falle des Erwerbs durch den Mieter-Ehegatten aufgrund seiner vorsteuerschädlichen Umsätze nicht möglich wäre. In diesem Fall ist anzumerken, dass aufgrund des fehlenden Vorsteuerabzuges beim Mieter-Ehegatten im Ergebnis der Vorsteuerschaden dennoch eintreten wird – nur wird er auf die Laufzeit des Mietvertrages „gestreckt“.

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