Zeitpunkt der Antragsstellung auf fortführungsgebundenen Verlustvortrag nach § 8d KStG

Die Vorschrift des § 8c KStG sollte nach dem Willen des Gesetzgebers verhindern, dass steuerliche Verlustvorträge einer Kapitalgesellschaft im Rahmen eines Gesellschafterwechsels wirtschaftlich veräußert werden. Demnach gehen Verluste einer Kapitalgesellschaft vollständig unter, wenn innerhalb von fünf Jahren mittelbar oder unmittelbar mehr als 50 % der Anteile an der Verlustkapitalgesellschaft auf einen Erwerber übergehen. Trotz Ausnahmetatbeständen in Form der Konzernklausel oder der Stillen-Reserve-Klausel, die einen Verlustuntergang unter bestimmten Voraussetzungen verhindern, erfasst § 8c KStG dennoch zahlreiche Sachverhalte, bei denen ein Verlustuntergang aus steuersystematischer Sicht nicht gerechtfertigt war. Als Reaktion auf die Feststellung der teilweisen Verfassungswidrigkeit des § 8c KStG durch das BVerfG, führte der Gesetzgeber die Regelung des fortführungsgebundenen Verlustvortrags nach § 8d KStG ein.

Zentrale Tatbestandvoraussetzung für die Weiterführung der körperschaft- und gewerbesteuerlichen Verlustvorträge ist, dass der Geschäftsbetrieb der Verlustkörperschaft eine gewisse Zeit vor und nach dem schädlichen Anteilseignerwechsel im Wesentlichen unverändert fortgeführt wird. Zudem darf für die Anwendung des § 8d KStG kein schädliches Ereignis im Sinne des § 8d Abs. 2 KStG eintreten. Als schädliches Ereignis gilt insbesondere die Einstellung sowie das Ruhendstellen des Geschäftsbetriebs, die Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft sowie die Einnahme der Stellung eines Organträgers im Rahmen einer körperschaftsteuerlichen Organschaft.

Die Fortführung der Verlustvorträge nach § 8d KStG bedarf eines Antrages des Steuerpflichtigen. Diesbezüglich besteht derzeit Uneinigkeit darüber, zu welchem Zeitpunkt der Antrag auf einen fortführungsgebundenen Verlustvortrag nach § 8d KStG gestellt werden muss. Die Finanzverwaltung legt den Gesetzeswortlaut dahingehend aus, dass der Antrag ausschließlich in der Erst-Erklärung des Jahres des Anteilseignerwechsels zu stellen ist. Einen nachträglichen Antrag nach § 8d KStG lehnt die Finanzverwaltung bisher ab. Wird beispielsweise in Folge einer Betriebsprüfung erstmals ein Verlustuntergang nach § 8c KStG festgestellt, kann demnach ein solcher Antrag nicht mehr gestellt werden.

Dieser Auffassung widerspricht die Rechtsprechung, zuletzt mit FG-Urteil Niedersachsen vom 28. November 2019, entschieden. Nach Auffassung des Finanzgerichts legt die Gesetzesformulierung lediglich die Form des Antrages und nicht den Zeitpunkt der Antragsstellung fest. Sachliche Gründe, den Antrag auf die Erst-Erklärung zu beschränken, finden im Gesetz nach Meinung der Rechtsprechung keine Stütze. Vielmehr muss der Antrag auf einen fortführungsgebundenen Verlustvortrag bis zur materiellen Bestandskraft des betreffenden Bescheides gestellt werden können. Damit kann auch für Steuerbescheide innerhalb der Einspruchsfrist sowie bei Steuerbescheiden, die unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehen, noch nachträglich wirksam ein Antrag nach § 8d KStG gestellt werden.

Das FG Niedersachsen (Urteil vom 28. November 2019) schließt sich damit der Auffassung des FG Thüringen (Urteil vom 5. Oktober 2018) sowie auch dem FG Köln (Urteil vom 6. Februar 2019) an.

Bisher ist zur Frage des Zeitpunkts der Antragstellung noch kein Verfahren beim Bundesfinanzhof anhängig. Wünschenswert wäre eine Umsetzung der Rechtsprechungsgrundsätze der ergangenen FG-Urteile im Rahmen des lang erwartenden BMF-Schreiben zur Anwendung des § 8d KStG, zumal das FG-Urteil Niedersachsen rechtskräftig geworden ist.

Über die weitere Entwicklung hierzu halten wir Sie selbstverständlich auf dem Laufenden.

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