Zeitpunkt der Mindestbeteiligung nach § 8b Abs. 4 KStG

Grundsätzlich sind nach der Regelung des § 8b KStG Dividenden steuerfrei, wenn eine Kapitalgesellschaft wiederum an einer anderen Kapitalgesellschaft beteiligt ist.

Die Steuerfreistellung von Dividenden erfährt allerdings eine Einschränkung in § 8b Abs. 4 KStG. So gilt die Steuerbefreiung nicht, wenn es sich um sog. Streubesitzdividenden handelt. Von einer Streubesitzdividende spricht man, wenn die dividendenempfangende Kapitalgesellschaft zu Beginn des Kalenderjahres nicht zu mindestens 10 % am Grund- bzw. Stammkapital der dividendenausschüttenden Kapitalgesellschaft beteiligt ist. Die Prüfung der Beteiligungsgrenze von 10 % hat nach dem strengen Stichtagsprinzip zu Beginn des Kalenderjahres (01. Januar) zu erfolgen. Eine Streubesitzdividende ist damit voll steuerpflichtig. Hier nimmt der Gesetzgeber eine steuerliche Doppelbelastung der Dividende in Kauf.

Zur Frage, welche Rechtsposition der Anteilseigner im Hinblick auf die Anwendung des § 8b Abs. 4 KStG zum Stichtag 1. Januar innehaben muss, hat das FG München mit Urteil vom 11. September 2019 Stellung bezogen. Im Urteilsfall kaufte eine GmbH am 16. Dezember 2013 Aktien an einer AG hinzu. Hierbei war der Kaufpreis sofort zur Zahlung fällig, während der Vollzug des Kaufvertrages „unter der aufschiebenden Bedingung der vollständigen Bezahlung des Kaufpreises“ vereinbart wurde. Durch einen Fehler wurde der Kaufpreis erst im Jahr 2014 bezahlt. Zu Beginn des Kalenderjahres 2014 war die GmbH aufgrund dessen aus zivilrechtlicher Sicht noch nicht ausreichend an der AG beteiligt. Erst mit Zahlung im Jahr 2014 erreichte die GmbH unterjährig die Mindestbeteiligung von 10 %. Mit Hinweis auf § 8b Abs. 4 KStG stellte das Finanzamt die Dividenden für das Jahr 2014 auf Ebene der GmbH voll steuerpflichtig.

Das FG München stellt bei der Prüfung des Beteiligungsquorums von 10 % auf den Übergang des wirtschaftlichen Eigentums ab. Entscheidend ist damit, ob der GmbH die AG-Anteile als wirtschaftliche Eigentümerin bereits zum Stichtag steuerlich zuzurechnen waren und damit der Rechtsstellung eines zivilrechtlichen Eigentümers angenähert war. Im vorliegenden Fall bejahte das FG München den Übergang des wirtschaftlichen Eigentums zum Stichtag, weil die GmbH als Käufer bereits eine unentziehbare Rechtsposition in Form eines Anwartschaftsrechts innehatte, die auch nicht durch die zunächst ausbleibende Kaufpreiszahlung beeinträchtigt wurde. So war das Risiko einer Wertminderung und die Chance einer Wertsteigerung bereits mit Abschluss des Kauf- und Übertragungsvertrages auf die GmbH übergegangen, da die Parteien einen festen Kaufpreis vereinbart hatten. Zudem war nach den Regelungen des Kaufvertrages das Gewinnbezugsrecht – jedenfalls seinem wirtschaftlichen Gehalt nach – bereits auf die GmbH übergegangen. Die Tatsache, dass die Mitgliedschaftsrechte aufschiebend bedingt abgetreten wurden und damit das Stimmrecht zum Stichtag auf die GmbH nicht überging, erachtete das FG München vorliegend als nicht maßgeblich für die Frage nach dem Übergang des wirtschaftlichen Eigentums.

Bemerkenswert ist, dass das FG München für die Beurteilung des Übergangs des wirtschaftlichen Eigentums hinsichtlich der Gesellschaftsanteile nicht starr auf den Übergang sämtlicher Mitgliedschaftsrechte abstellt, sondern eine Würdigung nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse vornimmt. So ist nach der Rechtsauffassung des FG München das beim Verkäufer zunächst verbleibende Stimmrecht für den Übergang des wirtschaftlichen Eigentums zumindest dann unschädlich, wenn der Verkäufer als Mehrheitsgesellschafter ohnehin starken und ungeschmälerten Einfluss hat.

Gegen das Urteil des FG München wurde Revision eingelegt. Ob der BFH die Rechtsauffassung des FG München bestätigt, wird sich im anhängigen Verfahren mit dem Az.: I R 50/19 zeigen.

Nicht nur in diesem Zusammenhang zeigt sich, dass der Übergang des wirtschaftlichen Eigentums bei Anteilen an Kapitalgesellschaften oftmals eine entscheidende Rolle spielt und bereits bei der vertraglichen Umsetzung sorgsam geplant werden muss. Sofern durch den Hinzuerwerb von Anteilen die 10%-Grenze des § 8b Abs. 4 KStG erstmals überschritten wird, ist darauf zu achten, dass das wirtschaftliche Eigentum auch tatsächlich zum 1.1. des Jahres bereits übergegangen ist, um noch im selben Jahr von der Begünstigung des § 8b KStG im Falle einer Ausschüttung profitieren zu können.

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