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Aktuelles zu den Einkünften aus Kapitalvermögen

1. Teileinkünfte-Option auch bei Verkauf der Anteile vorteilhaft

Die Besteuerung von Veräußerungsgewinnen von GmbH-Anteilen auf der Gesellschafterebene ist häufiger Zankapfel vor den Finanzgerichten. Konkret geht es darum, wie nachlaufende Schuldzinsen bei fremdfinanzierter Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft nach Veräußerung der Beteiligung geltend gemacht werden können. Hierbei ist es erforderlich, dass der Gesellschafter das Optionsrecht zum Teileinkünfteverfahren mit der Möglichkeit die gezahlten Schuldzinsen zu 60 % als Werbungskosten geltend zu machen, spätestens im Jahr der Veräußerung der Beteiligung ausübt.

Eine Besteuerung nach dem Teileinkünfteverfahren kann sich wegen des dann möglichen Werbungskostenabzugs als steuergünstig erweisen. Die Beteiligungserträge sind dann nach dem Teileinkünfteverfahren zu versteuern, wobei durch diese Option auch ein Werbungskostenabzug – und zwar insbesondere der Finanzierungsaufwendungen für den Beteiligungserwerb – in Höhe von 60 % unter Ausschluss des Sparer-Pauschbetrags ermöglicht wird.

Nach einer wirksamen erstmaligen Antragstellung für einen Veranlagungszeitraum ist gem. BFH-Urteilen vom 17. Juli 2024 – VII R 37/23 und VIII R 2/24 – das Vorliegen der materiell-rechtlichen Antragsvoraussetzungen gem. § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a und b EStG in den folgenden vier Veranlagungszeiträumen vom Finanzamt zu unterstellen. Die Voraussetzungen müssen nur für das erste Antragsjahr vorliegen. Fallen die Voraussetzungen in den folgenden vier Veranlagungszeiträumen weg, so können durch die Option nachlaufende Schuldzinsen demnach auch in den folgenden vier Veranlagungszeiträumen geltend gemacht werden. Nach Ablauf des Fünfjahreszeitraums entfache ein erneut gestellter Antrag nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG keine Wirkung.

Der BFH betont mit seiner aktuellen Entscheidung vom 17. Juli 2024, dass ein wirtschaftlicher Zusammenhang der zur Finanzierung von im Privatvermögen gehaltenen Beteiligungen mit den Einkünften aus § 20 EStG auch nach Beteiligungsveräußerung vorliege (Veranlassungszusammenhang). Ein nachlaufender Schuldzinsenabzug bei Option zum Teileinkünfteverfahren als Werbungskosten innerhalb des Fünfjahreszeitraums wird  somit ausdrücklich anerkannt.

 

2. Neuabschluss eines Alt-Darlehens für Verlustnutzung notwendig

Seit Einführung der Abgeltungsteuer führt der Ausfall einer Kapitalforderung in der privaten Vermögensphäre grundsätzlich zu einem steuerlich anzuerkennenden Verlust. Der BFH hat dies auch insoweit mit Urteil vom 24. Oktober 2017 (VIII R 13/125) bestätigt. Auch der Forderungsverzicht führt in Höhe des nicht werthaltigen Teils der Forderung im Verzichtszeitpunkt zu einem steuerbaren Abtretungsverlust (BFH- Urteil vom 6. August 2019 - VIII R 18/16). Dies gilt aber nicht ausnahmslos, vielmehr ist der Anwendungsbereich des durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 eingeführten Veräußerungstatbestands in § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG dabei zu beachten.

Ein wichtiges Urteil des BFH vom 18. Juni 2024 (VIII R 25/23) befasste sich mit der Frage, unter welchen Voraussetzungen ein langlaufendes Darlehen, auf das verzichtet wird, zu einem steuerbaren Verlust bei den Einkünften aus Kapitalvermögen beim Darlehensgeber führen kann.

Der BFH stellte in der Urteilsbegründung klar, dass der steuerliche Ansatz des Forderungsverlusts nur dann anwendbar ist, wenn die Forderung zeitlich und sachlich nach dem 31. Dezember 2008 angeschafft oder begründet wurde und gleichzeitig der Zufluss des Kapitalertrages aus der Veräußerung sonstiger Kapitalforderungen vorliegt.

Die Formulierung des Gesetzes (§ 52 Abs. 28 Satz 16 EStG) ist so zu verstehen, dass ein Verlust aus dem Verzicht der Darlehensforderung steuerlich unbeachtlich bleibt, wenn die Darlehensforderung auf einer vor dem 1. Januar 2009 geschlossenen Vereinbarung ruht.

Der BFH legt die Übergangsvorschrift dahin aus, dass es für den sachlichen Anwendungsbereich der Besteuerungsnorm auf den Zeitpunkt ankommt, in dem der Rechtsgrund für den Anspruch gelegt worden ist. Das sei der Zeitpunkt des Vertragsschlusses, da es sich um einen vertraglichen Anspruch handle. In diesem Zeitpunkt sei auch der „Erwerb“ des Rückzahlungsanspruchs erfolgt, denn der Darlehensnehmer verpflichte sich bereits im Darlehensvertrag zur Rückzahlung des Darlehens. Nur dieses Verständnis ermögliche die einfache und rechtssichere Anwendung der Übergangsvorschrift. Die zwischenzeitliche vollständige Tilgung führt nicht per se zum Erlöschen des Darlehensvertrags und zum Abschluss eines neuen Vertrags. Im Urteilsfall wurde das Darlehen zwischenzeitlich nach dem 31. Dezember 2008 vollständig getilgt und lebte kurze Zeit später wieder auf. Der BFH erkannte hierbei nicht auf Neuabschluss eines Darlehens, weil die ursprüngliche Darlehensforderung frei getilgt und jederzeit bis zur maximalen vereinbarten Höhe abgerufen werden konnte. Die Darlehensforderung beruhte deshalb auf einer vor dem 1. Januar 2009 geschlossenen Vereinbarung, was den steuerlichen Ansatz des Darlehensverlusts ausschließt. Der BFH hat in der Urteilsbegründung offengelassen, inwieweit ein Kontokorrentverhältnis zur steuerlichen Nutzung des Verlusts geführt hätte.

Im Fall eines Kontokorrentverhältnisses könnte es regelmäßig zu einem Neuabschluss eines Darlehensvertrages kommen. Wird wie im Falle des Kontokorrentverhältnisses eine Darlehensforderung aufgrund von Tilgungen durch einen Rechnungsabschluss zum Erlöschen gebracht, führt dies zu einem Neuabschluss, weil die nach einem Rechnungsabschluss neu abgerufene Darlehensforderung wie eine vertraglich neu begründete Forderung zu beurteilen wäre. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass ein Kontokorrentverhältnis die Möglichkeit einer Verrechnung und die Feststellung des laufenden Saldos in regelmäßigen Abständen voraussetzt und einen regelmäßigen Rechnungsabschluss nach § 355 Abs. 2 HGB erfordert.

 

3. Liquiditätsvorsorge für die Vorabpauschale bei Investmentanteilen

Aufgrund des Anstiegs des Zinsniveaus in Europa in den letzten beiden Jahren ist ein kurzer Hinweis zur Vorabpauschale für Anleger in Investmentfonds aus unserer Sicht zum Jahresende hilfreich, da in den vergangenen Jahren die Vorabpauschale bei negativem Basiszins nicht angefallen ist.

Die Vorabpauschale wurde eingeführt, um eine jährliche Besteuerung der Anlage in in- und ausländischen Investmentfonds sicherzustellen, da das neue intransparente Besteuerungsregime für Investmentfonds keine Besteuerung der thesaurierten (ausschüttungsgleichen) Erträge vorsieht. Die Vorabpauschale stellt einen pauschal zu ermittelnden Mindestertrag dar, der aus dem jährlich veröffentlichten Basiszins und dem Rücknahmepreis zu Beginn eines Kalenderjahres unter Berücksichtigung von getätigten Ausschüttungen während des Kalenderjahres pro Kalenderjahr ermittelt wird.

Der Anleger eines Investmentfonds hat somit als Investmentertrag neben den Ausschüttungen und Veräußerungsergebnissen unter anderem die Vorabpauschale zu versteuern. Die Vorabpauschale für 2024 ist unter Anwendung des Basiszinses vom 2. Januar 2024 zu ermitteln. Die Deutsche Bundesbank hat hierfür anhand der Zinsstrukturdaten einen Wert von 2,29 Prozent für Bundeswertpapiere mit jährlicher Kuponzahlung und einer Restlaufzeit von 15 Jahren errechnet und veröffentlicht. 

Die Vorabpauschale für 2024 gilt gemäß § 18 Absatz 3 InvStG beim Anleger als am ersten Werktag des folgenden Kalenderjahres – also am 2. Januar 2025 – zugeflossen.  Die Teilfreistellung von steuerlichen Aktien-, Misch- oder Immobilienfonds findet auch auf die Vorabpauschale Anwendung und wird von den inländischen depotführenden Stellen bei Erhebung der Abzugsteuern nur teilweise umgesetzt. 

Aufgrund der Zuflussfiktion der Vorabpauschale behält die inländische depotführende Stelle des Anlegers grundsätzlich die Kapitalertragsteuer und den Solidaritätszuschlag auf die Vorabpauschale ein. Dabei berücksichtigt die depotführende Stelle in der Regel die für Privatanleger geltenden Teilfreistellungssätze nach dem Investmentsteuergesetz. Im Rahmen der Veranlagung von betrieblichen Anlegern ist dann darauf zu achten, dass in der Steuererklärung die höheren Teilfreistellungssätze für betriebliche Anleger angesetzt werden. Für Zwecke der Kapitalertragsteuer und des Solidaritätszuschlags belastet die depotführende Stelle des Anlegers grundsätzlich das Kundenkonto, da bei der Vorabpauschale aufgrund der gesetzlichen Zuflussfiktion kein Geldfluss aus dem Investmentfonds stattfindet, von dem die Steuerlast einbehalten werden könnte. Insoweit ist es empfehlenswert auf dem Kundenkonto ausreichend Liquidität vorzuhalten.

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