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Schenkung zwischen GmbH-Gesellschaftern bei Forderungsverzicht
Die Kapitalrücklage ist Bestandteil des Eigenkapitals der GmbH (§ 272 HGB). In der Kapitalrücklage werden regelmäßig solche Einzahlungen der Gesellschafter in die GmbH erfasst, die nicht das Stammkapital und damit nicht die Beteiligungsquote verändern sollen. So kann z. B. das Eigenkapital der GmbH durch Einzahlungen von außen (nur) in die Kapitalrücklage gestärkt werden. Die spätere Auflösung bzw. Rückzahlung aus der Kapitalrücklage ist grundsätzlich steuerfrei an die Gesellschafter möglich und formal einfacher als eine notariell zu beurkundende Herabsetzung des Eigenkapitals.
Die Kapitalrücklage steht allein der GmbH zu und ist den Gesellschaftern grundsätzlich anteilig nach der individuellen Beteiligungsquote zuzurechnen (§ 72 Satz 1 GmbHG). Die disquotale Einzahlung in die (gesellschaftsbezogene) Kapitalrücklage einer GmbH – also abweichend von der Beteiligungsquote – führt jedoch zu einer (anteiligen) Schenkung an die Mitgesellschafter, die an der Einzahlung nicht bzw. nicht quotengleich teilnehmen. Durch die Einzahlung nur eines Gesellschafters in die Kapitalrücklage der GmbH erhöht sich nämlich das Gesellschaftsvermögen insgesamt und führt damit mittelbar zur Werterhöhung aller GmbH-Anteile, womit auch die „Nicht-Einzahler“ von der disquotalen Einzahlung wirtschaftlich profitieren. Eine solche Schenkung kann aber vermieden werden, wenn die Kapitalrücklage in der Satzung der GmbH personenbezogen ausgestaltet ist (§ 72 Satz 2 GmbHG) und sämtliche Gesellschafter durch Beschluss der disquotalen Einzahlung zustimmen, denn dann ist die Einzahlung nur dem „Einzahler“ zuzurechnen, nicht quotengleich auch den übrigen Gesellschaftern. Die personenbezogene Kapitalrücklage wird auch steuerlich anerkannt.
Die vorgenannten Rechtsgrundsätze bestätigte der BFH mit seinem Urteil vom 19. Juni 2024 unter dem Aktenzeichen II R 40/21 zu einem Fall aus dem Jahr 2006 und damit zur alten Rechtslage. Im Urteilsfall wurde ein Familien-Pool in der Rechtsform einer GmbH durch Vater und zwei Söhnen zu jeweils 1/3 errichtet (Schritt 1). Daraufhin wurde bisher im Privatvermögen des Vaters befindliches Geld- und Wertpapiervermögen in die GmbH verdeckt eingelegt. Die Vermögenszuführung wurde dort gegen personenbezogene Kapitalrücklage verbucht, um Schenkungsteuer zu vermeiden, was auch gelang (Schritt 2). Im Zuge einer anschließenden Kapitalerhöhung bei der GmbH nur durch die Söhne wurden die Anteile des Vaters verwässert, der an der Kapitalerhöhung nicht teilnahm und zudem auf seine personenbezogene Kapitalrücklage aus Schritt 2 verzichtete (Schritt 3). Dadurch wurde die personenbezogene Kapitalrücklage des Vaters zu einer gesellschaftsbezogenen Kapitalrücklage der GmbH, die quotal den Söhnen wirtschaftlich zuzurechnen ist. In Schritt 3 erkannt der BFH – abweichend vom Finanzgericht Baden-Württemberg – eine Schenkung vom Vater an die Söhne nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG.
Bei Kapitalgesellschaften wird die Werterhöhung der Anteile durch eine disquotale Einlage ab 2011 als Schenkung fingiert (neue Rechtslage bzw. § 7 Abs. 8 ErbStG). Für disquotale Einlagen in Personengesellschaften fehlt eine solche gesetzliche Fiktion, gleichwohl liegt nach der Rechtsprechung auch hier eine Schenkung vor. Unverändert im alten und im neuen Recht für Kapital- und Personengesellschaften kann Schenkungsteuer durch die personenbezogene Kapitalrücklage vermieden werden. Das Urteil macht einmal mehr deutlich, dass bei der Kapitalausstattung von Kapitalgesellschaften – v.a. bei miteinander verwandten Gesellschaftern – sehr genau darauf geachtet werden muss, dass es nicht zu Wertverschiebungen zwischen den Gesellschaftern kommt. Eine solche rein objektive Wertverschiebung reicht aus, um Schenkungsteuer auszulösen, da der Tatbestand des § 7 Abs. 8 ErbStG – anders als der Grundfall der Schenkung – keine subjektive Bereicherungsabsicht erfordert.