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Ist die Steuervergünstigung für den mehrfachen Erwerb von Vermögen innerhalb von zehn Jahren durch Personen der Steuerklasse I nur bei einer Vorbelastung mit deutscher Erbschaftsteuer zu gewähren?
Zur Steuerklasse 1 gehören im Erbschaftsteuer- und Schenkungssteuergesetz nach § 15 Abs. 1 ErbStG Ehegatten, Lebenspartner, Kinder, Stiefkinder, Abkömmlinge der Kinder und Stiefkinder, sowie bei Erwerb von Todes wegen Eltern und Voreltern. Wird bei Erwerb von Todes wegen durch eine Person der Steuerklasse I Vermögen geerbt, dass innerhalb der letzten zehn Jahre schon von Personen derselben Steuerklasse erworben wurde, ermäßigt sich der auf dieses Vermögen entfallende Steuerbetrag. Die Ermäßigung staffelt sich je nach Zeitraum, der zwischen den beiden Zeitpunkten der Entstehung der Steuer liegt.
Dem Bundesfinanzhof lag folgender Streitfall vor (Beschluss vom 20. Januar 2015, II-R-37/13). Mutter und Tochter lebten in Österreich. Die Mutter beerbte zusammen mit ihrem Sohn die vorverstorbene Tochter. Nach dem Tod der Tochter zog die Mutter zurück nach Deutschland, wo ihr Sohn bereits wohnte. Nach dem Tod der Mutter wurde der Sohn Alleinerbe. Der Nachlass der früher verstorbenen Tochter wurde von dem nach österreichischem Recht eingesetzten Gerichtskommissär erst nach dem Tod der Mutter verteilt. Der Sohn erhielt diesen Teil des Nachlasses der Tochter als Erbe der Mutter. Für den Erwerb wurde in Österreich Erbschaftsteuer festgesetzt und auch vom Sohn bezahlt.
In seiner Erbschaftsteuererklärung machte der Sohn die österreichische Erbschaftsteuer als Nachlassverbindlichkeit geltend. Zusätzlich beantragte er wegen des mehrfachen Erwerbs desselben Vermögens innerhalb von zehn Jahren die für Erwerbe in der Steuerklasse I gesetzlich vorgesehene Steuerermäßigung. Das Finanzamt erkannte zwar die Nachlassverbindlichkeit an, lehnte aber die Berücksichtigung der Steuerermäßigung ab. Diese Gesetzesauslegung entspricht der Rechtslage im deutschen Erbschaftsteuergesetz. Danach ist die beantragte Steuerermäßigung nur dann zu gewähren, wenn auf den Vorerwerb (in diesem Fall der Erwerb der Mutter von der Tochter) deutsche Erbschaftsteuer zu erheben war. Demgegenüber scheidet eine Steuerermäßigung aus, wenn für den Vorerwerb Erbschaftsteuer in einem anderen Staat festgesetzt wurde.
Es ist für den zur Beurteilung angerufenen Bundesfinanzhof zweifelhaft, ob die Regelung unter europarechtlichen Gesichtspunkten eine Beschränkung des freien Kapitalverkehrs darstellt. Deshalb hat er die Frage dem Gerichtshof der Europäischen Union zur Vorabentscheidung vorgelegt. Dessen Entscheidung bleibt abzuwarten.