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Stromlieferung als selbständige Leistung bei Wohnraumvermietung
Hintergrund
Grundsätzlich sind Leistungen, die Vermieter im Zusammenhang mit der steuerfreien Wohnraumvermietung an ihre Mieter erbringen (z.B. Energielieferung, Flur- und Treppenreinigung) nach Auffassung der Finanzverwaltung regelmäßig als Nebenleistung zur Hauptleistung „steuerfreie Wohnraumvermietung“ zu qualifizieren und demnach ebenfalls steuerfrei abzurechnen.
Der EuGH hat jedoch bereits im Jahr 2015 in einem Urteil entschieden, dass Stromlieferungen durch Vermieter als eigenständige Leistung zu qualifizieren sind. Die nachfolgende Sachverhaltskonstellation wurde demnach zur Klärung dem BFH vorgelegt.
Sachverhalt
Der Vermieter (Kläger) vermietet ein Mehrfamilienhaus und ein Doppelhaus steuerfrei und installierte auf den Mietshäusern Photovoltaik-Anlagen (PV-Anlagen) und liefert den erzeugten Strom zu marktüblichen Entgelten an die Mieter. Hierfür hat der Vermieter mit den jeweiligen Mietern eine Zusatzvereinbarung zum Mietvertrag über Stromversorgung geschlossen. Die verbrauchsabhängige Abrechnung erfolgt gegenüber dem jeweiligen Mieter, wobei der Verbrauch über individuelle Zähler ermittelt wird. Das Finanzamt versagte den Vorsteuerabzug aus den Anschaffungskosten der PV-Anlage, mit der Argumentation, dass die Stromlieferung als unselbständige Nebenleistung zur Wohnraumvermietung zu beurteilen ist.
Entscheidung des BFH
Nach Auffassung des BFH (Urteil vom 17. Juli 2024, XI R 8/21) ist die Lieferung von selbst erzeugtem Strom mittels einer PV-Anlage an die Mieter als selbständige, steuerpflichtige Leistung zu qualifizieren. Die Stromlieferung ist nicht als unselbständige Nebenleistung zur steuerfreien Wohnraumvermietung zu beurteilen. Folglich steht dem Vermieter aus den Kosten für die Installation der PV-Anlage ein Vorsteuerabzug zu.
Der BFH begründet seine Entscheidung mit der getrennten Abrechnung nach individuellem Verbrauch sowie der vertraglichen Freiheit der Mieter, den Stromliefervertrag zu kündigen und zu einem anderen Anbieter zu wechseln.
Praxishinweise
Grundsätzlich gilt die von der Finanzverwaltung vertretene Auffassung bezüglich der Qualifikation von mit der steuerfreien Vermietung in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden üblichen Nebenleistungen (Lieferung von Wärme, Wasser, Strom) weiterhin. Demnach besteht grundsätzlich kein Handlungsbedarf für Vermieter und Stromlieferungen können auch weiterhin als Nebenleistung zur Wohnraumvermietung steuerfrei abgerechnet werden. Allerdings bleibt abzuwarten, ob und in welchem Umfang die Finanzverwaltung die Entscheidung des BFH umsetzen und die Verwaltungsvorschriften dahingehen anpassen wird. Ein mögliches Vorsteuerabzugspotential bei künftigen Investitionen im Bereich der Stromerzeugung dürfte – vor dem Hintergrund der Einführung des Nullsteuersatzes für die Lieferung und Installation von gebäudegebundenen Photovoltaikanlagen – zumindest noch für größere Anlagen von Bedeutung sein.