Beschlossene Sache: Steuerverschärfung bei Share Deals ab dem 1. Juli 2021
Mit Share Deals konnten Immobilieninvestoren bislang die Grunderwerbsteuer sparen. Der Bundesrat hat am 7. Mai 2021 die bereits angekündigten (vgl. unseren Newsletter vom 26. April 2021) Änderungen des Grunderwerbsteuergesetzes beschlossen, die diese Transaktionen deutlich erschweren. Die Neuregelungen treten somit zum 1. Juli 2021 in Kraft. In erster Linie betreffen die Änderungen die grunderwerbsteuerlichen Folgen der Übertragung von Anteilen an Kapital- und Personengesellschaften, die über inländischen Grundbesitz verfügen.
Absenkung der maßgeblichen Beteiligungsquoten von 95% auf 90%
Für alle grunderwerbsteuerlichen Ersatztatbestände in Bezug auf grundbesitzende Gesellschaften, d. h. sowohl bei Kapital- als auch bei Personengesellschaften, wird die Schwelle, ab der bei der Übertragung von Anteilen ein grunderwerbsteuerbarer Sachverhalt vorliegt, von derzeit 95% auf 90% gesenkt werden. Damit gilt folgendes:
- die Übertragung von Anteilen an Personengesellschaften führt bereits ab einer Schwelle von mindestens 90% (statt bislang 95%) zu Grunderwerbsteuer (§ 1 Abs. 2a GrEStG)
- die (wirtschaftliche) Vereinigung von Anteilen an Personen- oder Kapitalgesellschaften stellt bereits ab einer Quote von 90% (statt bislang 95%) einen grunderwerbsteuerlich relevanten Vorgang dar (§ 1 Abs. 3 und Abs. 3a GrEStG).
Beispiel:
An der grundbesitzenden A-KG sind die natürliche Person A (Kommanditist, Beteiligung 100%) und die A-GmbH (Komplementärin, keine vermögensmäßige Beteiligung) beteiligt.
Nach der bislang geltenden Gesetzeslage konnte die Anteilsübertragung ohne Grunderwerbsteuerbelastung vollzogen werden, indem A zunächst maximal 94,9% seiner Kommanditanteile und die restlichen 5,1% nach Ablauf von fünf Jahren veräußert.
Für Anteilsübertragungen, die ab dem 1. Juli 2021 dinglich vollzogen werden (maßgeblich ist in diesen Fällen das sog. „Closing“), ergibt sich eine Grunderwerbsteuerbelastung bereits dann, wenn mindestens 90% der Anteile übertragen werden. Um Grunderwerbsteuer zu vermeiden darf A daher zunächst maximal 89,9% der Anteile übertragen. Zudem ist aber auch die verlängerte Vorbesitzzeit zu berücksichtigen.
Verlängerung der Fristen von derzeit fünf auf zehn Jahre
Die derzeit bei Personengesellschaften geltende Mindestfrist von fünf Jahren gem. § 1 Abs. 2a GrEStG, ab der nur noch die hinzuerworbene Anteilsquote grunderwerbsteuerrelevant ist, wird auf zehn Jahre verlängert. Damit kann der verbleibende Anteil von A i.H.v. 10,1% erst nach Ablauf von 10 Jahren veräußert werden, ohne Grunderwerbsteuer auszulösen.
Da die Neuregelung auf alle Anteilsübertragungen anzuwenden ist, die dinglich ab dem 1. Juli 2021 vollzogen werden, sind auch Fälle erfasst, bei denen der Anteilskaufvertrag zwar vor dem 1. Juli 2021 unterzeichnet wird, der tatsächliche Vollzug (sog. „Closing“) der Übertragung aber erst danach erfolgt. Zudem gelten Besonderheiten, wenn vor dem 1. Juli 2021 mehr als 90% aber weniger als 95% der Anteile übertragen wurden.
Neuer Ergänzungstatbestand für Kapitalgesellschaften
Die Zusammenrechnung mehrerer Anteilsübertragungsvorgänge in einem bestimmten Zeitraum erfolgte bislang nur bei Personengesellschaften (§ 1 Abs. 2a GrEStG). Die Übertragung von Anteilen an Kapitalgesellschaften war bislang nur dann grunderwerbsteuerlich relevant, wenn es dadurch zu einer sog. Anteilsvereinigung kommt, d.h. wenn mindestens 95% der Anteile einer Person zuzurechnen sind. Neben der Absenkung der für eine solche Anteilsvereinigung relevanten Schwelle von 95% auf 90%, erfolgt zukünftig auch bei Kapitalgesellschaften eine Zusammenrechnung aller Anteilsübertragungen auf Neugesellschafter innerhalb eines Zeitraums von zehn Jahren und bei Erreichen der Schwelle von 90% wird Grunderwerbsteuer ausgelöst (§ 1 Abs. 2b GrEStG n.F.).
Beispiel:
An der grundbesitzenden A-GmbH ist die natürliche Person A beteiligt.
Bislang konnte die Übertragung der Anteile an der A-GmbH ohne Grunderwerbsteuerbelastung erfolgen, indem die Anteile auf zwei verschiedene, nicht gesellschaftsrechtlich verbundene natürliche oder juristische Personen übertragen wurden, bspw. indem 94,9% der Anteile von A an die X-GmbH und 5,1% der Anteile an die – nicht gesellschaftsrechtlich verbundene – Y-GmbH veräußert werden. Zeitliche Restriktionen waren dabei nicht zu beachten, d.h. die beiden Übertragungen konnten zeitgleich erfolgen.
Aufgrund der Einführung des neuen Ersatztatbestands für Kapitalgesellschaften löst die vorliegende Transaktion dagegen einen grunderwerbsteuerbaren Vorgang i.S.d. § 1 Abs. 2b GrEStG aus, da innerhalb von zehn Jahren mind. 90% der Anteile an einer grundbesitzenden Kapitalgesellschaft auf neue Gesellschafter übergehen. Schuldner der Grunderwerbsteuer ist die Kapitalgesellschaft.
Zur Vermeidung von Grunderwerbsteuer darf A – ebenso wie bei der Übertragung von Anteilen an einer Personengesellschaft – zunächst maximal 89,9% der Anteile übertragen. Erst nach Ablauf von zehn Jahren könnten dann die restlichen Anteile veräußert werden.
Maßgebend für die neue 90%-Grenze sind nur solche Anteilsübergänge, die ab dem 1. Juli 2021 dinglich erfolgen, d.h. auch insoweit ist allein der Zeitpunkt der tatsächlichen Anteilsübergang relevant und nicht der Zeitpunkt der Unterzeichnung des Übertragungsvertrags, so dass auch vor dem 1. Juli 2021 abgeschlossene Anteilskaufverträge von der Neuregelung erfasst sein können.
Aufnahme einer Börsenklausel
Gemäß dem neu geschaffenen § 1 Abs. 2c GrEStG bleiben bei Ermittlung der Beteiligungen nach § 1 Abs. 2a und Abs. 2b GrEStG Übertragungen von Anteilen außer Betracht, die an einer anerkannten Börse gehandelt werden.
Fazit
Nachdem lange unklar war, ob das bereits vor zwei Jahren begonnene Gesetzgebungsverfahren noch in dieser Legislaturperiode beendet wird, hat der Gesetzgeber den damaligen Entwurf nun im Schnellverfahren und weitgehend unverändert verabschiedet. Bis zur Anwendung der neuen Regelungen mit Wirkung zum 1. Juli 2021 bleibt nicht mehr viel Zeit, um darauf noch zu reagieren. Insbesondere besteht für bereits unterzeichnete Kaufverträge die Gefahr bereits unter die Neuregelung zu fallen. Im Hinblick auf die Strukturierung zukünftiger Übertragungsvorgänge sind die unterschiedlichen Übergangsregelungen zu beachten. Nicht zuletzt dadurch führen diese Änderungen zu einer weiteren Verkomplizierung des Grunderwerbsteuerrechts.
Sprechen Sie uns gerne an. Wir zeigen Ihnen welche Auswirkungen die Neuregelungen für Sie haben und welche Gestaltungsoptionen zukünftig verbeiben.