BMF akzeptiert BFH Rechtsprechung zu disquotalen Gewinnausschüttungen
In jüngerer Vergangenheit hat der BFH zur Frage der steuerlicher Anerkennung disquotaler Gewinnausschüttungen bei Kapitalgesellschaften weitere Voraussetzungen aufgestellt.
Gem. BFH vom 28. September 2021 hat der BFH eine gespaltene Gewinnverteilung in der Form akzeptiert, dass eine Ausschüttung lediglich an einen Gesellschafter erfolgt, während der auf den anderen Gesellschafter entfallenden Gewinnanteil in eine gesellschaftergebundene Rücklage bei der GmbH eingestellt wurde. In einer weiteren Entscheidung vom 28. September 2022 hat der BFH schließlich einen punktuell satzungsdurchbrechenden, d.h. nur einmalig wirkenden Beschluss über eine disquotale Gewinnausschüttung akzeptiert (vgl. hierzu unsere Mandanteninformation vom 1. März 2023). Insbesondere das letzte Urteil stand damit im Widerspruch zur bisherigen Ansicht der Finanzverwaltung im BMF-Schreiben vom 17. Dezember 2013.
Mit einem aktuellen Schreiben vom 4. August 2024, welches das bisherige Schreiben aus 2013 ersetzt, übernimmt das BMF nunmehr die Sichtweise des BFH. Disquotale Gewinnausschüttungen sind danach steuerlich anzuerkennen, wenn
- abweichende Regelungen zur Gewinnverteilung bereits im Gesellschaftsvertrag geregelt sind oder durch Satzungsänderung unter der Zustimmung aller nachteilig betroffener Gesellschafter aufgenommen werden,
- eine Öffnungsklausel im Gesellschaftsvertrag besteht und der Gewinnverwendungsbeschluss mit den erforderlichen Zustimmungen der Gesellschafter und ggf. mit der in dem Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Mehrheit gefasst wird,
- ein punktuell satzungsdurchbrechender Beschluss gefasst wird, der von keinem Gesellschafter mehr angefochten werden kann, oder
- zivilrechtlich wirksam eine gespaltene Gewinnverwendung beschlossen wird.
Vollständig entfallen ist im aktuellen BMF-Schreiben der Hinweis auf einen potentiellen Gestaltungsmissbrauch nach § 42 AO und die Notwendigkeit außersteuerlicher Gründe für die steuerliche Anerkennung disquotaler Gewinnausschüttungen. Zwar ist der Vorgang nicht gänzlich vom Vorwurf des § 42 AO frei, der Anwendungsbereich dürfte dabei aber auf Basis der Aussagen des BFH eher gering sein, so dass diesbezüglich ein weitgehender Gestaltungsspielraum bestehen sollte.