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BMF klärt Zweifelsfragen zu Mitarbeiterbeteiligungen nach dem FoStOG

Nachdem der Deutsche Bundesrat am 28. Mai 2021 das Fondsstandortgesetz (FoStoG) verabschiedet hat, sind die dort vorgesehenen Änderungen hinsichtlich der Besteuerung von Mitarbeiterbeteiligungen zum 1. Juli 2021 in Kraft getreten (vgl. unsere News vom 8. Juni 2021).

Wesentlicher Inhalt der Gesetzesänderungen war zum einen die Anhebung des Steuerfreibetrags für unentgeltlich oder verbilligt gewährte Vermögensbeteiligungen sowie die Möglichkeit zur aufgeschobenen Besteuerung geldwerter Vorteile aus Vermögensbeteiligungen zur Vermeidung einer Steuerbelastung ohne Liquiditätszufluss (§ 19a EStG). Mit Schreiben vom 16. November 2021 nimmt das BMF zu diesbezüglichen Anwendungsfragen Stellung. Dessen wesentliche Aussagen haben wir nachfolgend zusammengefasst.

Steuerbegünstigung nach § 3 Nr. 39 EStG

  • Begünstigter Personenkreis: Bei dem für die Steuerbefreiung notwendigen Dienstverhältnis kann es sich sowohl um ein Haupt- als auch um ein Nebenarbeitsverhältnis handeln. Zu den gegenwärtigen Dienstverhältnissen gehören auch ruhende Dienstverhältnisse bspw. aufgrund von Mutterschutz, Elternzeit, Freistellungsphase oder Altersteilzeit.

  • Begünstigte Vermögensbeteiligung: Auch der mittelbare Erwerb der Vermögensbeteiligung durch eine Bruchteilsgemeinschaft (z.B. gemeinsames Depot der Arbeitnehmerschaft) sowie eine vermögensverwaltende Personengesellschaft (z.B. GbR oder GmbH & Co. KG) schließt die Steuerbefreiung nicht aus, wobei an der Personengesellschaft nicht ausschließlich Arbeitnehmer beteiligt sein müssen.

    Steuerbegünstigt ist nur der geldwerte Vorteil des Arbeitnehmers aus der unentgeltlichen oder verbilligten Vermögensbeteiligung. Geldleistungen oder vermögenswirksame Leistungen i.S.d. 5. VermBG an den Arbeitnehmer zur Begründung oder zum Erwerb der Vermögensbeteiligung sind nicht steuerfrei. Die vom Arbeitgeber übernommenen Nebenkosten (z.B. Notariatsgebühren, Kosten Registereintragung) und Depotgebühren gehören ebenfalls nicht zum Arbeitslohn.

  • Bewertung der Vermögensbeteiligung: Grundsätzlich ist der gemeine Wert i.S.d. §§ 9, 11 BewG im Zeitpunkt der Überlassung der Vermögensbeteiligung maßgeblich, wobei auch der gemeine Wert bei Abschluss des für beide Seiten verbindlichen Veräußerungsgeschäfts angesetzt werden kann. Nicht maßgebend ist hingegen der Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Überlassung und der Zeitpunkt des Angebots an die Arbeitnehmer. Der Substanzwert darf als Mindestwert (außer bei Ansatz des Börsenkurses oder Ableitung aus Verkäufen unter fremden Dritten) nicht unterschritten werden. Etwaige Veräußerungssperren oder sonstige Verfügungsbeschränkungen mindern den Wert der Vermögensbeteiligung nicht.

  • Keine Pauschalbesteuerung: Sämtliche Vermögensbeteiligungen sind individuell zu besteuern, eine Anwendung von § 37b EStG ist ausgeschlossen.

  • Zuflusszeitpunkt: Unter Anwendung der allgemeinen lohnsteuerlichen Regelungen erfolgt der Zufluss am Tag der Erfüllung des Anspruchs des Arbeitnehmers auf die Verschaffung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht über die Vermögensbeteiligung (z.B. Aktien = Einbuchung in Depot des Arbeitnehmers; GmbH = Abschluss Anteilsübertragungsvertrag). Vertragliche Sperr- und Haltefristen hemmen den Zufluss nicht. Zu beachten ist, dass bei Zahlung eines überhöhten Kaufpreises durch den Arbeitnehmer oder im Falle späterer Kursrückgänge kein negativer Arbeitslohn vorliegt.

Aufgeschobene Besteuerung geldwerter Vorteile aus Vermögensbeteiligungen nach § 19a EStG

  • Begünstigte Vermögensbeteiligung: § 19a EStG enthält im Gegensatz zu § 3 Nr. 39 EStG keine Konzernregelung, sodass Vermögensbeteiligungen an anderen Unternehmen desselben Konzerns i.S.d. § 18 AktG nicht als Vermögensbeteiligungen an dem Unternehmen des Arbeitgebers gelten. Somit findet § 19a EStG auf entsprechende Vermögensbeteiligungen keine Anwendung.

  • Bewertung der Vermögensbeteiligung: Es gelten die gleichen Grundsätze wie für die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 39 EStG.

  • Zustimmungserfordernis Arbeitnehmer: Die Zustimmung zur vorläufigen Nichtbesteuerung nach § 19a EStG durch den Arbeitnehmer ist bis zum Abschluss des Lohnsteuerabzugsverfahrens und damit bis zur Übermittlung oder Ausschreibung der Lohnsteuerbescheinigung zulässig. Eine Nachholung der vorläufigen Nichtbesteuerung i.R.d. Veranlagung zur Einkommensteuer ist ausgeschlossen.

  • Besteuerungszeitpunkt: Laut BMF-Schreiben ist der Besteuerungszeitpunkt abschließend in § 19a Abs. 4 S. 1 EStG geregelt. Aus der Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht oder einer Verlagerung der Ansässigkeit ins Ausland folgt keine Besteuerung, soweit nicht zeitgleich einer der in § 19a Abs. 4 S. 1 EStG genannten Tatbestände eintritt. Ebenso führt eine fiktive Veräußerung i.R.d. Wegzugsbesteuerung nach § 6 AStG oder nach § 17 Abs. 5 EStG für sich nicht allein zu einer Besteuerung nach § 19a Abs. 4 EStG. Werden Teile der Vermögensbeteiligungen veräußert oder unentgeltlich übertragen, so unterliegt der Besteuerung nur der Vorteil, der damit im Zusammenhang steht und bisher nicht besteuert worden ist.

  • Beendigung des Dienstverhältnisses: Ein durch den Betriebsübergang nach § 613a BGB bedingter Arbeitgeberwechsel führt zu keiner Beendigung, sondern zur Fortsetzung des bisherigen Dienstverhältnisses. Übernimmt der bisherige Arbeitgeber bei Beendigung des Dienstverhältnisses die Lohnsteuer, so ist der übernommene Abzugsbetrag nicht Teil des zu besteuernden Arbeitslohns.

Im Grundsatz ist das BMF-Schreiben zu begrüßen, da bereits erste Unsicherheiten hinsichtlich der Anwendung von § 3 Nr. 39 EStG bzw. § 19a EStG beseitigt werden. Allerdings bleibt insbesondere hinsichtlich der vorläufigen Nichtbesteuerung geldwerter Vorteile aus Vermögensbeteiligungen abzuwarten, inwieweit die Neuregelung in der Unternehmenspraxis als umsetzbar angenommen wird und welche zusätzlichen Anwendungsfragen sich in diesem Zusammenhang ergeben.

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