Zeitpunkt der Ertragsrealisierung aus Softwarelizenzierungen

Die Herausforderungen der Unternehmen in Bezug auf das Thema Software sind auch in der Rechnungslegung weitreichend. Die wesentlichen Fragestellungen zur Bilanzierung aus Sicht des Softwareanwenders haben wir bereits in unseren News vom 24. Februar 2022 dargestellt.

Auch Lizenzgeber stehen regelmäßig vor der Herausforderung, die Erträge aus Softwarelizenzierungen zutreffend in der handelsrechtlichen Rechnungslegung abzubilden. Es stellt sich insbesondere die Frage, zu welchem Zeitpunkt die Erträge im handelsrechtlichen Jahresabschluss realisiert werden dürfen. Hierzu hat auch das IDW in einem Fachbeitrag in IDW Life, 03/2022 Stellung bezogen.

Ertragsrealisierung im handelsrechtlichen Jahresabschluss

Gemäß § 252 Abs. 1 Nr. 4 Halbsatz 2 HGB sind Erträge nur zu berücksichtigen, wenn sie am Abschlussstichtag bereits realisiert sind (sog. Realisationsprinzip). Ein Ertrag gilt als realisiert, wenn die Leistung am Abschlussstichtag im Wesentlichen erbracht wurde, d.h. der Leistungserbringer alle Hauptpflichten aus dem bestehenden Vertragsverhältnis mit dem Leistungsempfänger erfüllt hat und dadurch der Anspruch auf die Gegenleistung (bzw. das Entgelt) so gut wie sicher ist. Man spricht insoweit auch von der sog. „Completed Contract Methode“, weil die Ertragsrealisierung erst im Zeitpunkt der vollständigen Vertragserfüllung erfolgt. Nur unwesentliche Nebenpflichten wie z.B. geringfügige Wartungs- oder Montagearbeiten sind für die Ertragsrealisation unbeachtlich.

Im handelsrechtlichen Jahresabschluss ist eine Teil-Ertragsrealisierung nur zulässig, wenn einzelne Teilleistungen selbständig abnahmefähig sind. Hierunter fallen insbesondere Dauerschuldverhältnisse wie z.B. Mietverträge. Bei Dauerschuldverhältnissen besteht jeweils ein eigenständiger Anspruch auf Vergütung der erbrachten Teilleistung bzw. des jeweiligen Zeitabschnitts (z.B. Monatsmiete). Hinsichtlich der offenen (Mindest-)Vertragslaufzeit handelt es sich um einen schwebenden Vertrag, der in der Bilanz in der Regel keine Berücksichtigung findet. Bei Dauerschuldverhältnissen erfolgt die Ertragsrealisierung daher zeitraumbezogen.

Ertragsrealisierung aus Softwarelizenzierungen

Bei der Bestimmung des Zeitpunkts der Ertragsrealisierung aus Softwarelizenzierungen sind zunächst die Hauptpflichten aus dem Lizenzvertrag hinsichtlich ihres wirtschaftlichen Gehalts zu beurteilen. Kommt es aufgrund der Ausgestaltung des Lizenzvertrags zum Übergang des wirtschaftlichen Eigentums an den (Teil-)Rechten der Software auf den Lizenznehmer, erfolgt die Ertragsrealisierung (wie bei einem Verkaufsgeschäft) im Zeitpunkt der Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums.
Kommt es demgegenüber nicht zum Übergang des wirtschaftlichen Eigentums an den (Teil-)Rechten, ist die Nutzungsüberlassung als Dauerschuldverhältnis zu behandeln. Dies hat zur Folge, dass die Ertragsrealisierung grundsätzlich zeitraumbezogen zu erfolgen hat. Auch die beim Lizenzgeber im Vorfeld anfallenden Vertragsanbahnungs- und -abschlusskosten rechtfertigen keine (teilweise) vorgezogene Ertragsrealisierung (auch wenn diese Kosten in manchen Fällen einen erheblichen Anteil der Gesamtkosten des Lizenzgebers ausmachen können).

Von einem Übergang des wirtschaftlichen Eigentums auf den Lizenznehmer kann lt. Auffassung des IDW insbesondere ausgegangen werden, wenn die nachfolgenden Voraussetzungen für einen Abgang der Software beim Lizenzgeber erfüllt sind (vgl. dazu auch Deutscher Rechnungslegungs Standard (DRS) 24, Tz. 65):

  1. Der Lizenznehmer erhält ein exklusives Nutzungsrecht, sodass der Lizenzgeber das (Teil-)Recht an der Software weder intern nutzen noch gegenüber einem Dritten verwerten kann.

  2. Die Gegenleistung ist im Wesentlichen fix.

  3. Die Laufzeit der Lizenz ist unbegrenzt oder innerhalb der vereinbarten (Mindest-)Laufzeit nicht jederzeit kündbar.

  4. Der Lizenzgeber muss keine weiteren wesentlichen Leistungen erbringen (ggf. Ausnahme bei Mehrkomponentengeschäft).

Für den spezifischen Einzelfall können weitere Aspekte relevant sein.

Sind in einem Vertrag beispielsweise mehrere Leistungen geregelt, kommt unter bestimmten Voraussetzungen auch eine unterschiedliche Behandlung der einzelnen Leistungskomponenten in Betracht (sog. Mehrkomponentengeschäft). Dies könnte z.B. der Fall sein, wenn der Lizenzvertrag neben einer zeitraumbezogenen Nutzungsüberlassung als Dauerschuldverhältnis auch ein umfangreiches, von der Lizenzierung sachlich trennbares Customizing zu Beginn der Vertragslaufzeit regelt. Insoweit könnte die Ertragsrealisierung aus dem Customizing als eigenständige Leistungskomponente schon früher erfolgen.

Gerne unterstützen wir Sie einzelfallbezogen bei der bilanziellen Abbildung Ihrer Softwarelizenzen.

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