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Ländererlass zur Anwendung der erbschaftsteuerlichen Optionsverschonung

System der erbschafsteuerlichen Verschonung

Um Arbeitsplätze zu sichern und zu erhalten („Sozialbindung“), privilegiert der Gesetzgeber die Übertragung von Betriebsvermögen durch verschiedene Verschonungsmodelle bei der Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer, wobei in gewissen Konstellationen gar keine Steuer anfällt.

Bei unentgeltlichen Erwerben begünstigungsfähiger Betriebsvermögen im Sinne des § 13b Abs. 1 ErbStG besteht die Möglichkeit, anstelle der Regelverschonung in Höhe von 85%, einen unwiderruflichen Antrag auf Optionsverschonung zu stellen, der einen Verschonungsabschlag von 100% gewährt, also das Vermögen zu 100% steuerfrei stellt.

Voraussetzung der Optionsverschonung ist, dass der Anteil des übertragenen Verwaltungsvermögens 20% des gemeinen Werts des Betriebs nicht übersteigt. Stellt sich nach Antragstellung (beispielsweise durch eine Betriebsprüfung) heraus, dass die Grenze des Verwaltungsvermögens von 20% nun doch überschritten wird, können sich gravierende steuerliche Nachteile ergeben.

Entscheidende Größen bei der Steuerverschonung sind damit Unternehmensbewertung und Verwaltungsvermögen, zu dem insbesondere fremdvermietete Immobilien und Finanzmittel zählen, da der Quotient die Verwaltungsvermögensquote bestimmt und damit die Wahl zur Optionsverschonung eröffnet, zur vollen Steuerfreiheit der Übertragung.

Bei Übertragung einer Einheit gewährte das Finanzamt bislang zumindest immer die Regelverschonung, auch dann, wenn ursprünglich die Optionsverschonung beantragt wurde und sich später zeigte, dass die Voraussetzungen dafür nicht erfüllt waren (R E 13a.21 Abs. 4 ErbStR a. F.). Wurden mehrere Einheiten gleichzeitig übertragen konnte nach Auffassung der Finanzverwaltung der Optionsantrag nur einheitlich für alle Einheiten gestellt werden (R E 13a.21 Abs. 1 ErbStR a. F.). Die (Fortführungs-)Lohnsumme war für den Gesamterwerb einzuhalten (R E 13a.6 ErbStR a. F.). Letztlich legte die Finanzverwaltung die unpräzisen Formulierungen im § 13a ErbStG im Falle einer gleichzeitigen Übertragung von mehreren Einheiten einheitlich aus.

BFH-Urteil vom 26. Juli 2022 – II R 25/20

Im Urteilsfall hatte der Schenker und spätere Kläger gleichzeitig vier Einheiten verschenkt, wobei drei Einheiten die Voraussetzungen für die Optionsverschonung erfüllten (KG 1, KG 3 und KG 4), eine Einheit nicht (KG 2). Bei einheitlicher Betrachtung aller vier Einheiten lag die Verwaltungsvermögensquote unterhalb von 20%. Der Schenker beantragte zunächst die Regelverschonung, auch für die KG 2. Im Einspruchsverfahrens wurde dann die Optionsverschonung für alle vier Einheiten beantragt, denn wenn der Optionsantrag nur einheitlich für alle vier Einheiten gestellt werden könne, so wäre die Verwaltungsvermögensquote ebenfalls einheitlich zu berechnen, so der Kläger. Hilfsweise wäre dreimal die Optionsverschonung zu gewähren und einmal die Regelverschonung, sollte die Verwaltungsvermögensquote je Einheit zu ermitteln sein. Das Finanzamt veranlagte dreimal die Optionsverschonung, wobei KG 2 gar nicht verschont wurde, auch nicht durch Regelverschonung. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.

Zur streitigen Behandlung von KG 2 urteilten Finanzgericht und Bundesfinanzhof („BFH“) im Sinne des Finanzamtes (Urteil vom 26. Juli 2022 – II R 25/20 – vgl. hierzu bereits https://www.gkkpartners.de/mandanteninformationen/die-optionsfalle-bei-der-erbschaft-und-schenkungsteuer.html). Entgegen der Auffassung des Schenkers/Klägers ist die Verwaltungsvermögensquote je Einheit zu ermitteln. Entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung ist der Optionsantrag je Einheit und gesondert zu stellen. Daher kommt bei KG 2 weder die Optionsverschonung zur Anwendung (da die Verwaltungsvermögensquote zu hoch ist), noch die Regelverschonung (da die Optionsverschonung unwiderruflich beantragt wurde). Es kommt dann nicht zu einem Rückfall auf die Regelverschonung. KG 2 wird damit im Ergebnis voll besteuert, ohne jedwede Verschonung, obwohl Betriebsvermögen vorliegt.

Der Schenker/Kläger ist nur deswegen in die „Steuerfalle“ getappt, weil er der – rückblickend falschen – Auffassung der Finanzverwaltung folgte, wonach der Optionsantrag nur einheitlich zu stellen war. Vertrauensschutz wurde ihm vom BFH nicht gewährt.

Ländererlass vom 22. Dezember 2023

Mit seinem Schreiben vom 22. Dezember 2023 folgt die Finanzverwaltung dem BFH und setzt das oben genannte Urteil vollständig um. Das Schreiben umfasst 14 Seiten Din-A4 und hat 39 Randziffern, da der BFH der bisherigen Verwaltungsauffassung in zahlreichen Punkten widersprach. Hier die zentralen Aussagen des Ländererlasses:

  1. Grundsätzlicher Wechsel von der Gesamtbetrachtung zur Einzelbetrachtung.
  2. Der Antrag auf Optionsverschonung ist für jede wirtschaftliche Einheit gesondert zu stellen, nicht mehr einheitlich für alle Einheiten.
  3. Die Verwaltungsvermögensquote ist für jede wirtschaftliche Einheit gesondert zu ermitteln.
  4. Regel- und Optionsverschonung können bei der gleichzeitigen Übertragung mehrerer Einheiten ggf. nebeneinander angewendet werden.
  5. Beim Erwerb mehrerer Einheiten unter Nutzung des Abschmelzungsmodells kann der Optionsantrag weiterhin nur einheitlich gestellt werden.
  6. Der schriftliche Antrag auf Optionsverschonung ist unwiderruflich und muss bis zum Eintritt der materiellen Bestandskraft der Steuerfestsetzung gestellt werden (so auch FG München, Urteil vom 28. April 2021 – 4 K 1710/19).
  7. Wird die Optionsverschonung beantragt, die Verwaltungsvermögensquote aber nicht eingehalten, wird auch die Regelverschonung verwehrt (sog. Optionsfalle).
  8. Ein Verstoß gegen Behaltensregelungen für nur eine Einheit führen zur Nachversteuerung nur bei dieser Einheit.
  9. Die Lohnsumme im fünf- bzw. siebenjährigen Fortführungszeitraum muss je Einheit eingehalten werden, nicht mehr für den Gesamterwerb. Bei Unterschreiten der Mindestlohnsumme erfolgt eine Nachversteuerung nur für diese Einheit. Kompensationen zwischen den Einheiten sind nicht mehr möglich.
  10. Beim Doppelverstoß, also gleichzeitiger Verstoß gegen Behaltensregelungen und Unterschreiten der Mindestlohnsumme, erfolgt eine Nachversteuerung bei dieser Einheit nach Maßgabe des höheren Verstoßes.

Vertrauensschutz

Der Ländererlass ist in allen noch offen Fällen anzuwenden. Wurde der Optionsantrag allerdings vor dem 25. Januar 2024 gestellt – dem Tag der Veröffentlichung des Ländererlasses vom 22. Dezember 2023 im Bundessteuerblatt Teil I – bleibt es bei der alten Rechtslage, sofern diese zu für den Steuerpflichtigen günstigeren Ergebnissen führt. Alle in der Vergangenheit gestellten Optionsanträge bleiben grundsätzlich erhalten.

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